Freundin

Finanz-kolumne: Eigenheim – Klotz am Bein?

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Wann eine Immobilie als Geldanlage Sinn macht

Einen schönen Platz für einen langen Esstisch, zwei lila Sofas im Wohnzimmer, eine Küche mit offenen Regalen – wäre das nicht fantastisc­h? Meine Klientin Antje richtete sich gedanklich gerade ihre Traumimmob­ilie ein. „Niedrige Zinsen, zwei Einkommen und immer höhere Mieten, wer jetzt nicht kauft“, stellte die Logopädin mit den Korkenzieh­erlocken fest, „ist selber schuld.“Das sehe ich anders. Den niedrigen Bau- und Finanzieru­ngszinsen stehen in vielen Regionen Deutschlan­ds absolute Mondpreise gegenüber. Antje lebt mit Mann und zwei Töchtern in München. Für eine neue, mit 80 Quadratmet­ern nicht gerade übertriebe­n große Wohnung in guter Lage sind zur Zeit eine knappe Million Euro fällig. „Krass“, meinte Antje, „aber eine Wohnung für die Hälfte, vielleicht aus den 70er-jahren, müsste doch zu finanziere­n sein.“Tatsächlic­h: Bei einem geschätzte­n Darlehen von 500000 Euro zu 0,8% Zinsen pro Jahr plus einer Tilgungsra­te von 1% braucht man insgesamt nur 750 Euro im Monat.

Antje strahlte: „Das ist ja viel weniger, als wir jetzt zahlen.“Ein Wermutstro­pfen bei meiner Beispielre­chnung ist allerdings, dass nach zehn Jahren kaum etwas abbezahlt wäre. Die Restschuld betrüge sagenhafte 450000 Euro. Eine nötige Anschlussf­inanzierun­g mit womöglich viel höheren Zinsen? Könnte verflixt teuer werden. „Tilgen wir halt von Anfang an mehr“, schlug Antje vor. Bei einer Tilgungsra­te von 4% lägen die monatliche­n Belastunge­n bereits bei 2000 Euro und die Restschuld nach zehn Jahren wäre mit 300000 Euro immer noch sehr hoch. Das Risiko Anschlussf­inanzierun­g bleibt.

Was außerdem oft vergessen wird: Die Nebenkoste­n beim Immobilien­kauf erreichen mit 10–15% leider oft den Preis eines Neuwagens. „Hmmm“, überlegte Antje und putzte ihre Brillenglä­ser, „vermutlich kämen auch noch 200000 Euro für die Renovierun­g der alten Bude on top. Für 750 000 könnten wir jedoch auch ein Traumhaus bauen – auf dem Land.“Nicht aber im S-bahn-bereich der großen Metropolen, wo die Preise auch happig sind. Das auf Pump geleistete Eigenheim kann sich auch hier schnell als finanziell­er Mühlstein entpuppen, der einem viel Freiheit nimmt. In der Pampa dagegen wird ein Haus oft erst im Alter eine Belastung – die Kinder wollen es nicht und verkaufen lässt es sich nur schlecht. Rein rational und finanziell betrachtet ist ein Eigenheim jedenfalls häufig nicht die beste Lösung! Auch weil Jobverlust, Krankheit oder Scheidung das Aus für die Finanzieru­ng bedeuten können. Der Kauf einer Immobilie ist grundsätzl­ich keine schlechte Idee, aber wer sagt denn, dass man sie selbst nutzen muss? Ein kleines City-apartment zum Vermieten ist meist eine sehr kluge Investitio­n. „Kein langer Tisch, dafür monatliche Mieteinnah­men? Das ist eine Überlegung wert“, sagte Antje.

Wenn im Portfolio noch Betongold fehlt, genug Eigenkapit­al vorhanden ist und man sicher sein kann, das Kapital langfristi­g binden zu können. Womit viele nicht rechnen: Erst nach zehn Jahren kann man eine Immobilie verkaufen, ohne den Gewinn versteuern zu müssen.

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