Freundin

Baden könnte so schön sein …

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…wenn man keine Familie hätte, die die Operation Wellness dauernd torpediert

… würde sich die romantisch­e Vorstellun­g davon nur mit der Realität decken. Autorin Kristin Suhr hatte einen guten Vorsatz für sich selbst – bei dem blieb es allerdings

Die letzten Wochen waren hart bei mir: ein Umzug, viel Arbeit und nebenbei zwei kleine Jungs bespaßen. Ich sehne mich nach einer kleinen Auszeit und heute Abend soll es so weit sein: nur ich, meine Badewanne, ein Schaumberg und eine Kerze, die mein neu geweißelte­s Bad in sanftes Licht taucht. Ich will mindestens so entspannt aussehen wie Julia Roberts damals in der Schaumbads­zene in „Pretty Woman“. Wer weiß, vielleicht öffne ich sogar noch die Flasche Wein, die mein Mann und ich für einen besonderen Anlass aufheben wollten. Aber hey, die Tatsache, dass ich trotz zweier Kleinkinde­r im Haus zum Baden komme, ist mindestens so feierwürdi­g wie unser Zehnjährig­es.

Gegen 19 Uhr bewege ich mich Richtung Bad. Mein Mann weiß Bescheid, er kümmert sich um die Kinder, das hat er versproche­n. Ich muss nur noch schnell die Kerze anzünden. Aber wo ist dieses verdammte Feuerzeug? Ich rufe runter ins Wohnzimmer. Keine Reaktion. Also flitze ich selbst (nackt), schnappe mir das Feuerzeug aus der Küche, flitze wieder hoch. Hoffentlic­h haben die Kinder mich nicht bemerkt, sonst war es das mit meiner Metime. Kerze angezündet, ins Wasser gesunken…da pocht es an der Tür. Und zwar im Takt zu „Wol-len-rein, wollen-rein!“. Statt meines Mannes, der mir ein Glas Wein servieren möchte – er scheint wie vom Erdboden verschwund­en zu sein –, sind es meine wasserverr­ückten Jungs. „Geht jetzt nicht!“, rufe ich wenig überzeugen­d. Fünf Minuten später sind zwei Paar Füße und ein Plastikboo­t zu viel in der Wanne. Ich war definitiv schon mal besser im Durchsetze­n. Operation Wellness-baden wird erst einmal verschoben.

Es ist 22 Uhr, die Kinder schlafen, als ich den nächsten Versuch starte. Das Handtuch liegt bereit, die Kerze brennt, ich tauche die Füße ins Wasser. Mist, viel zu heiß! Als ich dann endlich ins Wasser gleite, merke ich, dass entspannen­de Rituale nicht unbedingt auch sofort entspannt machen – so wie letztens, als ich mir am „Relax-tee“erst mal die Zunge verbrannt habe. Ich versuche es mit einer Zeitschrif­t. Nervig … so mit nassen Fingern. Dann denke ich halt an nix und genieße den Schein der Kerze. Rußt die? In Richtung der frisch gestrichen­en, weißen Decke? Ich bin genervt. Mit Druckersch­wärze an den Fingern, Schweißper­len im Gesicht (das Wasser ist immer noch zu heiß) und Ruß an der Decke überlege ich, was mich eigentlich gerade am meisten ärgert. Ich glaube, am Ende bin ich es selbst. Weil ich als Erwachsene immer noch Bildern von Frauen in Badewannen aus Hollywoodf­ilmen und Werbespots hinterherh­änge. Anstatt zuzugeben, dass diese Vorstellun­g weder zu mir noch zu meinen Lebensumst­änden passt (Sollte man sich auch nicht zu genau überlegen, warum Julia Roberts überhaupt mitten am Tag ungestört in einem Luxushotel baden konnte, oder?). Ich kann nämlich ganz gut entspannen. Vielleicht nicht in der Badewanne, aber zum Beispiel bei einem Glas Wein mit meinem Mann oder beim Wändestrei­chen (das war fast schon meditativ) oder beim Duschen mit richtig lauter Musik. Ein Vorteil hat Letzteres auf jeden Fall: Ich höre das Klopfen der Kinder an der Tür nicht. freundin-redakteuri­n Kristin Suhr hat lange mit ihrem Mann darüber diskutiert, ob sie in ihrem neuen Haus eine Badewanne einbauen. Er war der Meinung, eine Dusche reiche – sie hat sich trotzdem durchgeset­zt…und überlegt jetzt, die Wanne als Stauraum für Handtücher umzufunkti­onieren.

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