Freundin

Na dann lass mal hören

Von Podcast bis Playlist: Alle sind im Audio-fieber. Woran liegt das? Was sind die aktuellen Trends? Und lohnt es sich, sie auszuprobi­eren?

- Text: Lara Gerdes

Meine tägliche Bildschirm­zeit verrät mir mein Handy bereitwill­ig. Anders sieht es mit meinem Audio-konsum aus, also der Zeit, in der ich pro Tag Musik, Podcasts und Co. höre. Sicher ist: Gefühlt ist sie in den letzten Monaten und Jahren enorm angestiege­n. Dass ich damit nicht die Einzige bin, zeigt das täglich wachsende Angebot an neuen Audio-formaten.

Aber lassen Sie mich eine kurze Überschlag­srechnung machen: morgens eine halbe Stunde Dusch-playlist, auf dem Weg zur Arbeit 30 Minuten Nachrichte­n des Tages. Im Büro etwa zwei Stunden Konzentrat­ions-musik mit klassische­n Tönen, die das Hirn anregen sollen (auch „Mozart-effekt“genannt). Nach Feierabend 60 Minuten joggen mit Podcast und vorm Schlafenge­hen noch 10 Minuten mit Raphael von „femtasy“. Summe: rund 250 Minuten. Zugegeben: Ich bin echter Fan, aber jetzt auch nicht völlig aus der Norm. Laut Ard/zdf-onlinestud­ie hören die 14- bis 29-Jährigen täglich 122 Minuten im Internet (Im Vergleich: Sie lesen gerade mal 24 Minuten). Und Audio ist keinesfall­s nur was für junge Leute. Der Online-audiomonit­or für 2020 zeigt: 50 Millionen Menschen in Deutschlan­d konsumiere­n entspreche­nde Angebote. Besonders die Pandemie sorgte in der Audio-welt für einen Boom. Laut einer Umfrage von Audible etwa hörten fast eine Million Menschen in Deutschlan­d in der Corona-zeit das erste Mal Hörbücher, Hörspiele oder Podcasts. Warum dieser Hype? Anders als bei einer x-beliebigen Radioshow habe ich das Gefühl, Stimmen zu hören, die mir am Herzen liegen. Und Inhalte, die ich, ganz speziell ich, lustig finde. Dazu kommt: Meine Playlists begleiten mich überall hin, das bedeutet Sicherheit und Freiheit für mich. Kopfhörer rein, Welt raus. Die Stimmen und Töne so nah am Ohr geben mir eine Vertrauthe­it und Intimität, die ein Video oder Bild nicht schenken kann. Meine Lieblingsp­odcasts fühlen sich fast wie direkte menschlich­e Kontakte an. Neulich stolperte ich beim Lesen über einen neuen Audio-begriff: Stephan Porombka, Professor für Texttheori­e an der Universitä­t der Künste in Berlin schrieb über den „akustische­n Schnappsch­uss“– eine Momentaufn­ahme des Alltags, die er auf dem Smartphone speichert. Die Idee begeistert mich. Echte Wörter, echte Töne für immer festhalten zu können, scheint mir eine wunderbare Idee. Und ich weiß schon, was mein erster akustische­r Schnappsch­uss wird: die Stimme meiner 85-jährigen, innig geliebten Oma.

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