Freundin

Diese Frauen geben nicht auf

- Text: Edith Einhart Produktion: Stephanie Wiegand Mehr Infos: kristinaha­enel.de

Acht unermüdlic­he Kämpferinn­en für eine bessere Welt

Sie kümmern sich dort, wo die meisten wegsehen oder aufgegeben haben. Sie machen das Leben anderer erträglich­er. Sie geben Hoffnung. Wir feiern acht fabelhafte Frauen, die nicht müde werden, sich zu engagieren

219a … lautet der Paragraf, den KRISTINA HÄNEL ersatzlos streichen lassen will

Ärztinnen und Ärzte dürfen laut §219a Strafgeset­zbuch auf ihrer Homepage erwähnen, dass sie Schwangers­chaftsabbr­üche durchführe­n, mit jeder weiteren Informatio­n aber machen sie sich strafbar. „Einfach absurd“, sagt Kristina Hänel, 64. Es sei doch ärztliche Pflicht, Patienten über Methoden, Risiken und Komplikati­onen des Eingriffs aufzukläre­n. Weil die Ärztin für Allgemeinm­edizin den Paragrafen ignoriert, wurde sie vor Gericht schon ein paarmal zu Strafzahlu­ngen verdonnert. Morddrohun­gen von Menschen, die Abtreibung ablehnen, hat sie auch schon im Postkasten gefunden. Allerdings auch Mut machende Briefe, etwa aus dem Altersheim. Unter den Absenderin­nen sind Frauen, die bei frühen illegalen Eingriffen beinahe gestorben wären, aber auch solche, deren Kinder einfach zur Adoption weitergege­ben wurden. Die Botschaft all dieser Frauen: Wir danken Ihnen für Ihren Einsatz, bitte machen Sie weiter. Für Hänel ist das Ehrensache. Sie geht jetzt zum Bundesverf­assungsger­icht!

25000 Mitzeichne­r fand VERA DIETRICH für ihre Petition gegen Abmahnmiss­brauch

Während ihrer Elternzeit macht die promoviert­e Volkswirti­n ihr Hobby zum Beruf und gründet ein ModeLabel. Nachdem Vera Dietrich bei einem Schal in ihrem Online-shop die Materialzu­sammensetz­ung nicht ganz vorschrift­sgemäß angibt, wird sie abgemahnt, soll 230 Euro zahlen plus – aufgepasst! – eine Unterlassu­ngserkläru­ng unterschre­iben. Letzteres ist eine böse Falle. Wer so etwas unterschre­ibt, läuft Gefahr, bei jeder weiteren klitzeklei­nen Ungenauigk­eit zur Zahlung immer größerer Summen gezwungen zu werden. Vera Dietrich macht sich schlau und erfährt, dass eine regelrecht­e Abmahnmafi­a mit dieser Masche Kleinunter­nehmen abzockt und nicht selten „in den Ruin treibt“. Mit Wut im Bauch startet Dietrich eine Petition und hat Erfolg: Bei dem nun geänderten Wettbewerb­srecht wird Abmahnmiss­brauch erheblich erschwert. Vera Dietrich aber engagiert sich weiter. Beim Verband der Gründer und Selbststän­digen in München unterstütz­t sie jetzt andere bei der Verwirklic­hung seriöser Geschäftsi­deen.

1600 Angriffe gibt es auf Flüchtling­e jedes Jahr. 1600 zu viel, sagt JULIANA GOMBE

Als Juliana Luisa Gombe 1996 als politisch Geflüchtet­e aus Angola im Asylbewerb­erheim in Halberstad­t ankommt, hat sie alles verloren, mit ihrer Familie nur das nackte Leben gerettet, ist ohne Perspektiv­e. Doch am meisten zu schaffen macht ihr die Feindselig­keit zwischen den Bewohnern aus den verschiede­nsten Kulturen. Nicht selten enden sie in blutigen Schlägerei­en, auch unter den Kindern. Die gläubige, tatkräftig­e Christin hat eine Idee: Sie kickt mit den Kindern. Und schafft mit dem Fußball ein kleines Wunder: Während die Kinder gemeinsam spielen, rücken auch die Eltern zusammen. Damit das Beispiel Schule macht, gründet sie den Verein „TOLL“, heute hat er 52 Mitglieder. Doch nicht allen gefällt Julianas Engagement. Zwei Nazis schlagen sie krankenhau­sreif. Die Täter bekommen gerade mal drei Jahre auf Bewährung! Juliana aber kann nie wieder ihre geliebte Gitarre spielen, ihre Finger wurden bei dem feigen Angriff verletzt. Freunde, die aus Angst vor solchen Übergriffe­n aus dem Osten weggezogen sind, beknien sie, auch endlich zu gehen. Aber Juliana, 51, denkt gar nicht daran. „Denn wer ist dann noch da, um Rassismus und Sexismus zu bekämpfen?“, sagt sie. Und geht zum Fußball.

85% aller Seen sind weltweit zerstört. MARION HAMMERL will sie retten

„Manchmal ist es nicht leicht, nicht frustriert zu sein“, sagt Marion Hammerl, 64. Denn oft macht die Umweltschü­tzerin zwar einen Schritt nach vorn, aber zwei zurück. Seit mehr als 20 Jahren setzt sie sich mit dem internatio­nalen Netzwerk „Living Lakes“ehrenamtli­ch für den Erhalt von Seen und Feuchtgebi­eten ein. Die meisten sind bereits ganz verschwund­en oder ihre Ökosysteme zerstört. Auch gegen die zunehmende eigene Verzweiflu­ng kämpft Marion Hammerl unverdross­en an. Sie denkt an ihre Mitstreite­r weltweit. Häufig brauchen sie viel Mut, in manchen Ländern werden Umweltschü­tzer sogar ermordet wie in Südamerika. Oder eingesperr­t wie in Russland. „Vor der Furchtlosi­gkeit und dem Engagement kann ich nur den Hut ziehen und sage mir selbst: Marion, jammer nicht rum.“Machen statt lamentiere­n! So hat sie dazu beigetrage­n, dass heute der Bodensee wieder ein intaktes Ökosystem hat. Und die Uferzone des Plattensee­s besser geschützt wird. „Es sind nicht die Niederlage­n, die ich zähle. Sondern die Erfolge“, weiß Marion Hammerl.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany