Freundin

Eigentlich … …weiß ich, wie man spart: Man gibt nicht so viel aus

In jedem Heft denkt unsere Kolumnisti­n Constanze Kleis darüber nach, warum es im Leben oft so anders läuft als geplant

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Doch für mich bleibt das leider Theorie. Am Ende des Monats hab ich meistens nicht Geld, sondern eher Freude über gute Weine, wunderbar duftende Cremes und schöne Haarschnit­te angehäuft. Das liegt vor allem an den Knauserern in meinem Umfeld, die so abschrecke­nd wirken, dass mir jeglicher Sinn fürs Sparen vergeht. Für mich jedenfalls ist nicht überzeugen­d, was meine Freundin Carola auf dem Kopf trägt. Auch wenn es nur halb so teuer ist wie das, was mein Friseur verlangt, wie sie gern betont. Ich halte es nämlich auch für rausgeschm­issenes Geld, jemand für etwas zu bezahlen, was der offensicht­lich so gar nicht kann. Dann Rainer, ein Freund aus Schulzeite­n. Ja, der sitzt dank fortgesetz­ter Kniepigkei­t auf so viel Geld, dass man damit ein Kinderschw­immbecken füllen und wie Dagobert Duck darin baden könnte. Allerdings kann er das offenbar so gar nicht genießen. Denn statt sich und seinen Lieben auch mal einen Urlaub jenseits von Campingplä­tzen oder einen Abend in einem guten Restaurant zu gönnen, schlingt er höchstens mal eine Pizza beim Stehitalie­ner herunter und schlägt sich im ewigen Dunkel seines Hauses die Schienbein­e blutig. Nur weil ihm das pro Jahr fünf Euro Stromkoste­n spart. Wie viel ihn das an Freude oder Ansehen in der Familie kostet, sieht er offenbar nicht.

Und dann mein Nachbar Ludwig. Wie hat der sich zu Lebzeiten angestreng­t, nicht mehr als das Nötigste auszugeben. Deshalb verzichtet­e er sogar auf seine Lieblingsw­urst vom Lieblingsm­etzger, begnügte sich mit Billigware vom Discounter und trug Schuhe, wegen denen ihm auf der Straße mal ein Zwei-euro-stück zugesteckt wurde, aus Mitleid. Dank seiner Sparsamkei­t konnten sich seine Söhne, die sich sonst kaum hatten blicken lassen, nach dem Tod des Vaters über ein hübsches Sümmchen freuen.

„Im Prinzip hast du ja recht, wenn du die Lebenslust nicht mit Geiz ersticken willst“, sagt Marietta, eine Freundin, die etwas sehr Vernünftig­es, nämlich Betriebswi­rtschaft, studiert hat und von der ich wissen will, ob das überhaupt geht: es jetzt hübsch zu haben und gleichzeit­ig darauf zu sparen, dass ich in ein paar Jahren nicht zum gleichen Friseur gehen muss wie Carola. Marietta erklärt mir, dass Geiz reiner Selbstzwec­k sei, während Sparsamkei­t ein Ziel hätte. Meines wäre in diesem Fall, mir weiterhin meinen Friseur gönnen zu können. „Und weil seine Schnitte so gut sind, dass sie sehr lange toll aussehen, vergrößers­t du einfach die Abstände zwischen den Besuchen.“Außerdem empfahl sie mir ein Haushaltsb­uch, damit ich nicht, wie sonst, den Überblick bei meinen Ausgaben verliere. „Dann siehst du gleich, wo Einsparpot­enzial ist. Geld, das dann in die Altersvors­orge fließt.“Potenzial gibt es durchaus, wie ich dann festgestel­lt habe. Nicht nur bei all dem Essen to go, das ich jetzt durch selbst geschmiert­e Stullen ersetze, wenn ich unterwegs bin. Ich habe auch festgestel­lt, wie oft Rainer bei mir in der Küche von dem sehr guten, sehr teuren Wein trinkt, während er umgekehrt höchstens mal EIN Bier ausgibt. „Heute habe ich leider keinen Wein für dich“, sagte ich bei seinem letzten Besuch. Dass ich sparen müsse und sehr froh sei, jemanden wie ihn zu kennen, der das sicher gut versteht.

 ??  ?? CONSTANZE KLEIS ist zwar eine Frau, die, wie wir alle, hohe Ansprüche an sich stellt. Sie kann es aber auch ganz gut aushalten, dass in ihrem Leben nicht alles perfekt ist. Denn das macht ziemlich oft glücklich.
CONSTANZE KLEIS ist zwar eine Frau, die, wie wir alle, hohe Ansprüche an sich stellt. Sie kann es aber auch ganz gut aushalten, dass in ihrem Leben nicht alles perfekt ist. Denn das macht ziemlich oft glücklich.

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