WIR RYAN GOSLING!
Dem kanadischen Ausnahme-schauspieler liegt nicht nur Hollywood zu Füßen. Eine leidenschaftliche Verehrerin, Deutschlands bekannteste Sex-expertin Paula Lambert („Paula kommt“), erklärt uns, warum
Was haben Sie vor Augen, wenn Sie an Ryan Gosling denken? Ich sehe immer zuerst die Szene in dem wirklich sehr schönen Film „Crazy, Stupid, Love“, in dem sich Ryan Gosling seines Oberhemdes entledigt und Emma Stone ausspricht, was ohne Frage eine Menge von uns im Kino ohnehin gedacht haben: „Du siehst aus, als wärst du gephotoshopped!“Mit der umwerfenden Gesichtsstruktur eines frühen Hollywood-filmstars, sanften Augen und üppigen, schmutzigen blonden Locken ausgestattet, ist Gosling im
Laufe der Jahre zu einer Schlüsselfigur Hollywoods geworden. Obwohl er sein Talent viele Jahre in rohe und düstere Dramen wie „The Place Beyond the Pines“und „Blue Valentine“gesteckt und dabei ein breites Spektrum an schauspielerischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat, ist er inzwischen einer der bekanntesten Herzensbrecher des Kinos. In Liebesfilmen wie „Wie ein einziger Tag“und „Crazy, Stupid, Love“präsentiert er nicht weniger als den idealen Mann, den Mann aller Männer, er gilt als die Verkörperung des weiblichen Konsensgeschmacks schlechthin: Ein Mann, mit dem sich fast jede alles vorstellen kann. Im Grunde also das, was Hollywood braucht: Träume, die greifbar werden können.
In allem, was er tut, ist Ryan Gosling beständig. Er ist nie nur Traumfigur und beseufzenswerte Mannesvision. Vom jungen Idealisten über den sensiblen Einzelgänger in „Lars und die Frauen“bis hin zum rätselhaften
»Du siehst aus, als wärst du gephotoshopped« Emma Stone zu Ryan Gosling in „Crazy, Stupid, Love“
Bad-ass und dem schrulligen Privatdetektiv in „Nice Guys“– jede seiner Rollen hat Nuancen, zeigt die Vielschichtigkeit der jeweiligen Persönlichkeit auf der Leinwand. Er war schon in so vielen verschiedenen Rollen zu sehen und wurde für so viele Preise nominiert, dass er ein absoluter Topstar ist. Und dennoch wurde er noch nie so wahrgenommen wie mit dem Film, in dem er den ersten Mann im Leben vieler Frauen darstellte: Ken.
Ken ist so etwas wie die Quintessenz von Ryan Gosling, die unausweichliche Verkörperung einer Männlichkeit, die toxisch erscheint, aber in Wirklichkeit von einer tiefen Sensibilität und Angst vor dem Ungewissen geprägt ist.
Es gibt Männer, vor allem im geschmacksbildenden Hollywood, die eine erstaunliche erotisierende Kraft haben, bei denen man sich aber trotzdem schwerlich vorstellen kann, diese Fantasien ins echte Leben zu übertragen. Jason Momoa fällt mir dazu ein, dem ich bekanntermaßen schwärmerisch erlegen bin. Aber bei Ryan Gosling gelingt die Transformation ins tägliche Leben. Er ist derjenige, der Frauen die Hoffnung gibt, dass es auch im echten Leben allerhand starke, schwache, lustige, kluge, zuverlässige und schöne Männer gibt.
Ryan Gosling weiß mit seinem Äußeren durchaus auch ironisch umzugehen. In „Crazy, Stupid, Love“aus dem Jahr 2011 spielt Gosling einen gutaussehenden Frauenhelden, der versucht, seinem frisch getrennten Freund mittleren Alters (Steve Carell) sein zutiefst toxisches Aufrissverhalten beizubringen. Das war der erste Film, in dem sich der Schauspieler wirklich im Comedyfach versucht hat. Obwohl es sich natürlich um eine spielerische Darstellung handelt, drehen sich viele der Witze im Film direkt um ihn, Goslings gutes Aussehen dient als Pointe. So wird Gosling als Mann zur Karikatur, um gleichzeitig die Lösung des Macho-problems in sich selbst zu finden. Sobald der Mann aus der Illusion der alles beherrschenden Potenz ausbricht und sich seiner eigenen Zartheit hingibt, öffnet sich der Liebe Tür und Tor. Also genau wie im wirklichen Leben. Stimmt doch, oder?
Vielleicht ist es so: Ryan Gosling verkörpert mit jeder seiner Rollen genau den modernen Typ Mann, der die Rettung der Gesellschaft einzuleiten vermag – stets gemeinsam mit einer Partnerin auf Augenhöhe, versteht sich. Dabei immer ein unkonventionelles Grinsen auf den Lippen, das knapp unter der Oberfläche schwebt. Wenn man ihn beobachtet, hat man das Gefühl, dass vieles unausgesprochen bleibt – ein innerer Dialog, der etwas mehr Spaß macht als das, was er bereit ist, mit der Welt zu teilen.
Und genau aus diesem Grund beobachtet man seine Verkörperung des Ken mit so einem großen Genuss. Gosling ist nicht nur in der Rolle lustig – er wirkt, als hätte er bei allem, was er tut, tatsächlich Spaß. Diese Wertschätzung von Männlichkeit und komplexen männlichen Filmrollen hat den Weg für einen Mann (nicht für eine Figur, wohlgemerkt) zu gesellschaftlicher Relevanz geebnet. Ryan Goslings „Kenergy“hat im Umfeld von Greta Gerwigs „Barbie“scheinbar ihren Höhepunkt erreicht, aber eben nur scheinbar. Durch dieses brillante Jonglieren zwischen müheloser Coolness, Verletzlichkeit und Star-power dient er gerade Männern als Vorbild, die verzweifelt auf der Suche nach einem gesunden Männerbild sind. Und das liegt auch daran, dass Gosling in jeder Rolle mindestens einen begehrenswerten Charakter, einen beschädigten Charakter oder beides liefert. Er ist ein Kraftwerk, dass eine ausgewogene männliche Anziehungskraft zu erzeugen vermag.
„Barbie“-regisseurin Greta Gerwig hat es einmal ziemlich gut auf den Punkt gebracht. „Ryans Schauspiel hat eine besondere Qualität. Auch wenn er urkomisch ist, er ist nie nur der Schauspieler, der außerhalb der Rolle steht und seine Rolle bewertet oder verurteilt. Er spielt seine Figuren auf eine Art und Weise, die alle potenziellen Demütigungen der Figur als seine eigenen aufnimmt.“Tatsächlich liegt in Ryans
»Er ist so bescheiden und weist jedes Kompliment von sich« „The Fall Guy“-filmpartnerin Emily Blunt in einem Interview
Auftritten eine vorsichtige, fast blasse Sanftheit, die selbst dann, wenn er grüblerische oder gewalttätige Männer spielt, sowohl introvertiert als auch eigentümlich selbstbewusst wirkt. Das Ergebnis ist eine seltene Art von gemäßigter Intensität. Es macht durchaus Sinn, dass Ryan Gosling sich jahrelang in den Mittelpunkt der Sehnsüchte von Frauen gestellt hat. Man nimmt ihm ab, dass er es selbst kaum glauben kann, so begehrt zu werden. Und das ist es, was so fantastisch an ihm ist. Es ist diese Kombination aus seltsamem Charisma auf der Leinwand und real spürbarer Menschlichkeit, die ihn so, nun ja, eben menschlich macht. So wurde aus einem Kind, dessen ulkige Tanzvideos noch heute in jeder Talkshow gezeigt werden, ein Mann, der ein Maskottchen für eine dringend benötigte hoffnungsvolle Botschaft inmitten der Düsternis ist. Ein Mann, dessen Charaktere all das repräsentieren, was man sehen und was man sein möchte. Eben Kenough. Endlich.
»Ryanhaft«: Momente für die Ewigkeit