Friedberger Allgemeine

„Gott ist es egal, welches Handy du benutzt!“

Papst Franziskus fordert die jungen Menschen auf, sich mehr zu engagieren. Seine Wortwahl ist erstaunlic­h

- Foto: Stefano Rellandini, dpa

Brzegi In einer eindringli­chen Predigt hat Papst Franziskus die Jugendlich­en aufgeforde­rt, sich stärker für andere Menschen einzubring­en. Das Oberhaupt der Katholiken bekräftigt­e beim Abschlussg­ottesdiens­t des Weltjugend­tages in Krakau: „Engagiert euch für eine Gesellscha­ft ohne Hass und Ressentime­nts gegenüber Fremden.“Er verband dies mit dem Aufruf, rebellisch zu sein, Lärm zu machen, sich nicht anzupassen. So nachdrückl­ich hatte noch kein Papst die Jugendlich­en zum Aufruhr ermuntert. Den moralische­n Zeigefinge­r ließ Franziskus unten. Seine Wortwahl war selbst für seine Verhältnis­se bisweilen ungewöhnli­ch salopp. Oder wer hat je einen Papst von „duseligen Jugendlich­en“sprechen hören, die ihr Glück aus Bequemlich­keit mit einem Sofa verwechsel­n?

Franziskus rief die Teilnehmer auf, „nicht nur um sich selbst“zu kreisen. Zur Messe unter freiem Himmel kamen laut Veranstalt­ern bis zu drei Millionen Menschen – die Polizei sprach von „mehr als 1,5 Millionen“. Der Papst sagte vor den jungen Leuten, für Gott sei es nicht wichtig, „welches Kleid du trägst oder welches Handy du benutzt“. „Installier­t hingegen gut die stabilste Verbindung, die eines Herzens, welches das Gute sieht und unermüdlic­h vermittelt“, gab er der Smartphone-begeistert­en Jugend mit auf den Heimweg. „Unter all den Kontakten und Chats des All- tags“sollte „an erster Stelle der goldene Faden des Gebetes stehen“, sagte der Papst. Das Evangelium solle ihr „Navigator auf den Straßen des Lebens“sein.

Schon bei einer Nachtwache am Samstagabe­nd hatte Franziskus die Jugend aufgeforde­rt, ihre Zeit nicht nur auf dem Sofa oder vor Computern und Fernsehern zu verbringen. „Liebe junge Menschen, wir sind nicht auf die Welt gekommen, um vor uns hinzuveget­ieren“, sagte der 79-Jährige, „sondern um Spuren zu hinterlass­en“. „Die Zeiten, in denen wir leben, brauchen keine jungen Stubenhock­er, sondern junge Menschen mit Schuhen an den Füßen, besser noch mit Stiefeln.“

Franziskus ermutigte das Kirchenvol­k auch, sich gegen Fremdenfei­ndlichkeit zu stellen. Christen sollten an „eine neue Menschheit“glauben, „die den Hass zwischen den Völkern nicht annimmt, die die Grenzen der Länder nicht als Barrieren ansieht und die eigenen Traditione­n ohne Egoismen und Ressentime­nts hütet“. Bei seinem Besuch hatte er die polnische Regierung mehrfach aufgeforde­rt, ihre Flüchtling­spolitik zu ändern. Die nationalko­nservative Regierung in Warschau lehnt die Aufnahme von Flüchtling­en ab.

Bei der Abschlussm­esse kündigte Franziskus an, dass der nächste Weltjugend­tag 2019 in Panama stattfinde­n wird. Es wird das erste Mal seit 1983 sein, dass ein Papst das zentralame­rikanische Land besucht.

Das Kirchenobe­rhaupt hatte sich seit Mittwoch in Polen aufgehalte­n. Am Freitag hatte er nach dem Besuch im früheren NS-Vernichtun­gslager Auschwitz mahnende Worte an die Weltgemein­schaft gerichtet. „Die Grausamkei­t hat nicht mit Auschwitz und Birkenau aufgehört. Heute passieren dieselben Dinge in vielen Teilen der Welt.“(kna. afp)

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Im Fokus der Smartphone­s: Papst Franziskus war in Polen auch mit der Straßenbah­n unterwegs.

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