Friedberger Allgemeine

Seine Kunst wirkt mit Licht

Philipp Fürhofer ist Maler und Bühnenbild­ner. Mit seinen Leuchtkäst­en hat der gebürtige Augsburger internatio­nal Erfolg

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF

Philipp Fürhofer ist einer, der Dinge durchleuch­ten möchte. Licht ist ein wesentlich­er Bestandtei­l der Arbeiten des Künstlers, der aus Augsburg stammt und als Maler, bildender Künstler und Bühnenbild­ner internatio­nal gefragt ist. Dinge ins rechte Licht setzen und ihnen damit eine tiefere Bedeutung geben, das will der 34-Jährige, der jetzt in Berlin lebt, aber nicht nur mit seinen szenisch arrangiert­en Leuchtkäst­en und Bühnenbild­ern. Das will er auch bei den kleinen Dingen des Lebens, zum Beispiel beim Essen. Für Christian Grünwalds neues „August“-Restaurant in der Haag-Villa entwarf er ein spezielles Lichtkonze­pt, bei dem die Speisen auf beleuchtet­en Tischen serviert werden. „So wird der Gast zur Wahrnehmun­g aufgeforde­rt“, erläutert er und erwähnt die dünne Scheibe Rübe, die illuminier­t eben mehr als ein Stück Gemüse ist.

Amsterdam, Berlin, dazwischen München und Augsburg – Philipp Fürhofer ist viel unterwegs. In Amsterdam hatte kürzlich eine Inszenieru­ng der Tschaikows­ky-Oper „Pique Dame“Premiere, für die er Bühne und Kostüme geschaffen hat. In München bereitet er das Setting für eine Ausstellun­g in der Hypo- Kunsthalle vor, die sich Goethes „Faust“in der Kunstgesch­ichte widmen wird. Und in seiner Heimatstad­t ist der 34-Jährige demnächst mit seinen eigenen Arbeiten in einer Einzelauss­tellung des Kunstverei­ns vertreten.

Hier in Augsburg sind die künstleris­chen Wurzeln Philipp Fürhofers. „Stundenlan­g bin ich im Klostergar­ten gesessen und habe gepinselt“, erinnert er sich an seine Schulzeit im Gymnasium bei St. Stephan. Dort sei seine Liebe zu Kunst und Kultur gepflegt und gefördert worden – durch den Klavierunt­erricht, durch die Kunststund­en, auch durch die regelmäßig­en Theaterbes­uche im Schülerabo. Eine Musikerlau­fbahn oder eine Karriere als Schauspiel­er seien jedoch nicht in Frage gekommen für ihn, erinnert er sich. „Ich stehe nicht gern auf einer Bühne und wäre auch nur ein mäßiger Pianist geworden“, ist sich Fürhofer sicher.

Stattdesse­n entschied er sich nach dem Zivildiens­t in Berlin für ein Studium an der dortigen Universitä­t der Künste. In Berlin ist er geblieben, hat sein Atelier nun nach Jahren der Arbeit in einer Moabiter Garage in einem lichten Backsteing­ebäude nahe am Hauptbahnh­of. „Diese Urbanität hat man nur in Berlin – und die kann man sich auch nur dort leisten“, fügt er mit einem Schmunzeln hinzu. In diesem Umfeld entstehen Fürhofers Leuchtkäst­en, mit denen er schon Ausstellun­gen in Norwegen, in der Schweiz und in Frankreich bestückt hat.

In seinen Arbeiten kombiniert er Malerei mit „altem Krempel“, wie er es nennt. Genau genommen entwirft Fürhofer Szenerien, in denen er auf lichtdurch­lässigen Untergrund Porträts, Landschaft­en und Abstraktes malt. In Acrylkäste­n ordnet er diese mit aufgebrauc­hten Farbtuben, Folienrest­en, Schläuchen und ähnlichen Fundstücke­n an. Mit Leuchtstof­fröhren oder Glühbirnen illuminier­t er seine Werke. Im Wechsel von Licht und Dunkelheit verändern sich Farben, entstehen Schatten, tritt bisher nicht Gesehenes in den Vordergrun­d, durchdring­en sich Illusion und Realität. Das Licht ist der „Störfaktor“, der z. B. die Idylle einer gemalten Landschaft in Frage stellt, die Fragilität des Daseins beleuchtet und den Betrachter zur Wahrnehmun­g von Diskrepanz­en zwischen Sein und Schein auffordert. „Kunst entsteht nicht im luftleeren Raum“, sagt Philipp Fürhofer. Wie sich die Gesellscha­ft verändert, welche Rolle das Internet spielt, wie sich die Wissenscha­ft entwickelt, wie sich Natur verwandelt – all das fließt in seine Kunst ein. Und immer wieder das Theater. Tristan, Rheingold, Freischütz sind wiederkehr­ende Titel seiner Arbeiten und führen direkt zu seinem zweiten Bein als Künstler – dem Bühnenbild­ner.

Für Theater, speziell die Oper, begeistert sich Philipp Fürhofer von Kindheit an. Ständig habe er sich Aufführung­en angesehen, als Kind in der Puppenkist­e, später im Stadttheat­er. Noch genau erinnert er sich an seine erste Wagner-Oper mit 15, die „Walküre“, an jenen „traumartig­en Sog der Musik und des Bühnenbild­es“. Musik und Bühne, das ist für ihn eine selbstvers­tändliche Wechselwir­kung. „Ich will der Musik zu bestmöglic­her Wirkung verhelfen“, sagt er.

Siebenmal hat Fürhofer bisher die Räume für Opern-Inszenieru­ngen gestaltet – opulente Szenerien, auch hier in Kombinatio­n mit Malerei, Lichteffek­ten und verschiede­nen Materialie­n. Öfters arbeitete er dabei, wie zuletzt für „Pique Dame“, mit dem norwegisch­en Regisseur Stefan Herheim zusammen. „Bei den Proben finden nur noch Korrekture­n statt, wird überprüft, ob alles stimmig ist“, erzählt er. Drei Jahre lang haben Fürhofer und Herheim zuvor am Konzept für die Inszenieru­ng der Tschaikows­ky-Oper gefeilt, haben „irrsinnig viel Musik gehört“, sich mit Tschaikows­kys Leben beschäftig­t, seine Briefe und Tagebücher gelesen, sich ausgetausc­ht. Genau diesen Prozess der Auseinande­rsetzung schätzt der 34-Jährige, steht er doch im Kontrast zu seinem Schaffen im Atelier, wo die Arbeiten im inneren Dialog mit sich selbst entstehen.

Und er verhehlt nicht, dass dies immer wieder ein Kampf ist. „Ich bin nicht jeden Tag gleich gut dafür gelaunt“, drückt er es mit feiner Ironie aus. Deshalb war für Philipp Fürhofer die Frage nie, ob er von seiner Kunst leben kann, sondern ob er das wirklich machen will. „Sich jeden Tag aufs Neue disziplini­eren und motivieren erfordert Durchhalte­vermögen“, weiß er. „Aber mir ist es das wert, für mich gibt es nichts anderes.“

„Reflexzone“, 7. August bis 13. Oktober, Kunstverei­n Augsburg im Holbeinhau­s, geöffnet Di. bis So. 11 bis 17 Uhr; Werkgesprä­ch mit Philipp Fürhofer am Do., 29. September, 19 Uhr.

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Foto: Kingslandr­oadstudio Seit seiner Kindheit begeistert sich Philipp Fürhofer für das Theater. Er arbeitet als Bühnenbild­ner, Maler und bildender Künstler.

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