Am Spatzl kommt sie nicht vorbei
Ruth Maria Kubitschek kann als Schauspielerin die Dame sein, aber auch die Welt aus weiblicher Sicht umdrehen. Was also ist ihr Geheimnis?
Wahrscheinlich sind Annette von Soettingen, Dr. Schönferber und Dr. Braun gerade in Bayreuth, wo der Ring aller Ringe aufgeführt wird. Wenn nicht, wäre es schade, denn gerne hätten wir die drei in einer Talkshow gehört, am liebsten moderiert von Thomas Gottschalk, dem bestgekleideten aller Bayreuth-Besucher.
Dank der TV-Serie „Monaco Franze – der ewige Stenz“von Helmut Dietl wissen wir, dass es auf die „Walküre“ankommt. Wie die Antiquarin und Hobbymalerin Annette von Soettingen ihren Ehemann durchschaut und ihm einen mörderischen Crashkurs in Sachen Richard Wagner verpasst, ist Fernsehgeschichte. Und das „Spatzl“scheitert doch mit dem Bildungsversuch, weil der Monaco stattdessen die Münchner Schickimicki-Gesellschaft auflaufen lässt. Ruth Maria
Kubitschek war, nein ist Frau von Soettingen, und sie bleibt es für alle Zeiten. Heute wird sie 85 Jahre alt und hat sich erklärtermaßen zurückgezogen vom TV-Geschäft.
Was ihr gutes Recht ist nach all den Fernsehfilmen (die „Melissa“im Durbridge-Straßenfeger inklusive). Zumal sie mit der Verlegerin Friederike von Unruh in „Kir Royal“auf eine ebenso süffisante wie elegante Art ihren Klatschreporter Baby Schimmerlos raffiniert davon überzeugt, dass große Anzeigen und einschlägige Klatsch-Berichterstattung sich nicht unbedingt beißen müssen.
Ruth Maria Kubitschek gibt die Dame mit den eleganten Schals, den langen Röcken und den ironischen Bemerkungen. Wenn das alles zusammentrifft, ist sie in ihrem Element. Dabei kann sie bei aller Leichtigkeit der Darstellung durchaus handfeste Charaktere spielen. Etwa in der ARD-Reihe „Das Traumhotel“, in der sie eine so weise wie resolute Seniorchefin verkörperte. Oder in einer Kinorolle wie in „Frau Ella“einem komödiantischen Road Movie, in dem die Kubitschek eine fitte Seniorin spielte, die sich in das Liebesleben eines jungen Mannes einmischt. Das alles geschieht bei ihr ohne große Aufregung, aber mit Bestimmtheit. Wenn sie auftritt, beherrscht die „Grande Dame“die Szene. Wie in der ZDF-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“als skrupellos intrigierende Brauerei-Chefin.
Ab Ende der 90er Jahre begab sich die in Komotau/Böhmen geborene Schauspielerin mit verschiedenen Büchern auf den Esoterik-Trip. Und gestaltete so ihren geliebten „Garten der Aphrodite“am Schweizer Ufer des Bodensees.
Eine besondere Beziehung verband die Kubitschek seit 1976 mit dem Anfang 2016 verstorbenen „Traumschiff“-Produzenten Wolfgang Rademann. Die sensible Schauspielerin und der in Interviews gerne polternde Berliner waren ein ungewöhnliches Paar.
Die Kubitschek. Ungewöhnlich wie Frau von Soettingen. Von der wir wissen und die Aussage auch behalten: Wer „Rheingold“versäumt hat, bekommt den „Ring“nicht mehr richtig mit. Rupert Huber