Besser werden mit allen Mitteln
Doping ist im Spitzensport allgegenwärtig. Wie aber sieht es ein paar Etagen tiefer aus? Dort, wo nicht kontrolliert wird. Wo sich Otto-Normal-Bürger durch den Marathon quälen, um anschließend auf Facebook damit zu prahlen. Lauf-Events schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Startplätze bekannter Triathlons sind oft binnen Minuten ausgebucht.
Der Mensch von heute optimiert sich. Es ist schick, mit den Kollegen die Trainingsleistung des vergangenen Tages zu besprechen. „Citius, altius, fortius“– schneller, höher, stärker – ist das Motto unserer Gesellschaft geworden. Damit wird auch der Griff zu unerlaubten Mittelchen attraktiv. Verlässliche Zahlen dazu gibt es nicht. Allenfalls Indizien. Anonyme Umfragen beispielsweise, die aber daran kranken, dass sie eine ehrliche Antwort der Befragten voraussetzen. Aussagekräftiger ist die Statistik des Zolls, der seit Jahren einen starken Anstieg des Schmuggels von Doping-Medikamenten verzeichnet.
Grob gesprochen gibt es zwei große Zielgruppen des Dopings im Amateurbereich: Junge Kraftsportler, die sich im Fitnessstudio einen muskelbepackten Körper zulegen wollen und Ausdauersportler, die sich vorwiegend in den Altersgruppen Ü40 befinden. Beide Gruppen bestehen vorwiegend aus Männern und beide treibt ein brennender Ehrgeiz. Die einen wollen gut aussehen und ein überholt geglaubtes Männlichkeitsideal bedienen. Die anderen wollen ihrem Umfeld und sich selbst beweisen, dass sie es immer noch drauf haben. Eine „Mischung aus Ehrgeiz und Eitelkeit“nennt das der Dopingforscher Fritz Sörgel.
Der Brennpunkt Fitnessstudio ist ihm und seinen Kollegen längst bekannt. Der Bayerische Rundfunk widmete dem Thema jüngst eine ausführliche Reportage. Dort sagte der Sozialmediziner Martin Hörning, dass er Doping im Breitensport für das größere gesellschaftliche Problem halte, als Doping im Spitzensport. Sportwissenschaftler sehen eine Kultur des Optimierens, wozu eine ganze Reihe legaler Nahrungsergänzungsmittel genutzt werden. Der Übergang in den illegalen Bereich ist fließend. Das Problem: Viele Mittel, wie zum Beispiel Anabolika, können gravierende gesundheitliche Folgen haben.
Der Ausdauersport im Hobbybereich ist in Sachen Doping weitgehend unerforscht. Als sicher gilt, dass Schmerzmittel weit über das normale Maß hinaus genommen werden. Das ist offiziell kein Doping. Es ist aber mindestens ein Betrug an sich selbst, denn es schaltet die Warnsignale des Körpers aus.
Ob darüber hinaus auch härtere Mittel genommen werden? Fakt ist, dass selbst Epo ohne größeren Aufwand im Internet zu bekommen ist. In diversen Foren wird die Wirksamkeit verschiedener Medikamente diskutiert. Da taucht zum Beispiel Kobaltsalz auf, das epoähnlich wirken soll und im Gegensatz dazu in Tablettenform zu haben ist. Nebenwirkungen wie schwere Organschäden werden ignoriert.
Vieles deutet darauf hin, dass Doping längst schon an der Basis angekommen ist. Citius, altius, fortius – mit allen Mitteln.