Zurück in die wilde Jugend am Baggersee
Bei Hannes Ringlstetter und seiner Band flippen die Fans aus. Im Spectrum bebt der Saal schon beim ersten Lied
Damals am Baggersee, dem niederbayerischen Pimper-Lake, da fühlte er die große Freiheit. Noch 30 Jahre später setzt Hannes Ringlstetter in Erinnerung daran die Country-Lokomotive unter Dampf und stampft mit seiner Band im Sauseschritt durch die Weiten. „Mir san älter worden, aber net vui gscheider“, singt er über sich selbst. Gleiches empfinden seine Fans im ausverkauften Spectrum und flippen am Sonntagabend vom ersten Lied an mit dem tief tönenden, raubauzigen Naturburschen aus.
Naja, solche Bocksprünge wie der Georg Schiessl machen sie nicht, ein bisserl Sitztanz ist aber schon drin. Mitklatschen und Johlen sowieso. Das gibt das „emotionale Portfolio“der Augsburger, das Ringlstetter so mächtig herausfordert („Auf geht’s Burschen, raus aus eure Häuser!“), noch her. Er schlägt gleich ein höllisches Tempo an, lässt bei „Bunga, Bunga Budapest“das ungarische Feuer und die jugendliche Erotik lodern. Ab auf die Reise aus der Provinz in die Metropolen! „Paris, New York, Alteiselfing“heißt das Programm und weitere Stationen sind möglich. Zum Beispiel nach Wien, um eine Eitrige im Bugl zum 16erBlech zu verkosten – also eine Käsekrainer im Brotscherzl zu Ottakringer Dosenbier. Auf den spanischen Islas halten Ringlstetter und der blondlockige Jochen Goricnik Bananenblattgitarren mit Schilfsaiten, gedreht in den Zahnlücken der Señoritas, in den Händen – und lachen selbst am allermeisten über ihren Schmäh, den sie da erzählen.
Plaudern kann der niederbayerische Musiker genauso gut wie abrocken und es überläuft die Zuhörer wohlig eine Gänsehaut, wenn sie zurückkehren in ihre wilde Jugend, die immer noch in ihnen lebendig ist. Die Beatparty mit Isarhalbe (=Bier und Bols) und Tequila, die druckvolle „Saftel-Zeit“des erotischen Erwachens, der heulende Wolf bei Vollmond.
Das Publikum befindet sich auch mal in der Gefängniskantine der JVA Straubing („Manche Leut’ sollten froh sein, noch heraus rumzulaufen“) und bebt dem Auftritt von Johnny Cash entgegen. Mit jaulender E-Gitarre und markiger Bassstimme bleibt Ringlstetter die gute alte Härte nicht schuldig. Singende Töne aus seiner Slide Guitar zaubert hier Edgar Feichtner hervor.
Überhaupt leisten die sieben Herren, korrekt gekleidet im schwarzen Zwirn, in drei Stunden auf der Spectrum-Bühne ganze Arbeit. Musikalisch und oft auch komödiantisch hat jeder von ihnen allerhand drauf. Sei es nun bei l’amour in Paris oder beim chilligen lateinamerikanischen Tanzschritt. Letztlich landen sie alle wieder dort, wo in den Häusern seit 300 Jahren Leute mit dem gleichen Namen leben und wo sich die Feuerwehren streiten, wer löschen darf, wenn es mal brennt. Darauf passt das Liebeslied: „Bleib doch da …“