Die türkische Drohung und die möglichen Folgen
Die Drohung Im Gegenzug für ein Entgegenkommen bei der Rücknahme von Migranten hat sich die Türkei von der EU beschleunigte Verhandlungen über die Visa-Liberalisierung versprechen lassen. Außenminister Mevlüt Cavusoglu verlangt nun, dass türkische Staatsbürger einen Termin genannt bekommen, ab dem sie ohne Visum in die EU reisen dürfen. Andernfalls werde die Türkei gezwungen sein, „vom Rücknahmeabkommen und der Vereinbarung vom 18. März Abstand zu nehmen“.
Die Bedingungen In der Vereinbarung ist ausdrücklich festgelegt, dass die EU nur dann die Visumpflicht für türkische Staatsangehörige aufheben muss, wenn bis dahin alle 72 Voraussetzungen erfüllt sind. Dass dies bislang nicht der Fall ist, räumt selbst die türkische Regierung ein. Präsident Erdogan hat deutlich gemacht, dass sein Land zumindest eine Bedingung auch gar nicht erfüllen will. Konkret geht es um die EU-Forderung nach einer Änderung der AntiTerror-Gesetze, die aus europäischer Sicht auch eine Verfolgung von
Journalisten und Oppositionellen ermöglichen.
Das Szenario Bei der Vereinbarung zwischen der Türkei und der EU handelt es sich nicht um einen bindenden Vertrag. Theoretisch könnte die Türkei also von einem Tag auf den anderen mitteilen, dass sie es der EU nicht mehr erlaubt, auf den griechischen Inseln ankommende Migranten zurückzuschicken.
Die Folgen Ob es im Fall der Fälle sofort wieder zu steigenden Flüchtlingszahlen auch in Deutschland käme, ist zumindest umstritten. Unter Migranten hat sich jedenfalls herumgesprochen, dass beliebte Asylländer wie Deutschland, Schweden oder die Niederlande über Griechenland und die Balkanroute mittlerweile kaum noch zu erreichen sind. Der schwache Punkt der EU ist Griechenland. Sollten sich die Bedingungen für Flüchtlinge in der Türkei stark verschlechtern, könnten diese versucht sein, doch nach Griechenland zu kommen. Auf den betroffenen griechischen Inseln könnte es in Folge zu Chaos und Elend kommen. (dpa)