Friedberger Allgemeine

Commerzban­k auf schwierige­r Mission

Der neue Vorstand macht sich keine Illusionen mehr: Der Milliarden­gewinn aus dem Jahr 2015 ist in diesem Jahr nicht zu wiederhole­n. Zinstief und schärfere Auflagen bremsen den Konzern. Gibt es einen Ausweg?

- Foto: Daniel Reinhardt, dpa

Frankfurt am Main Die Commerzban­k verabschie­det sich nach einem Gewinneinb­ruch im ersten Halbjahr endgültig von ihrem Ziel, auch 2016 eine Milliarde Euro Gewinn zu machen. „Das Niedrigzin­sumfeld und die anhaltende Kundenzurü­ckhaltung werden die Erträge trotz Wachstum weiter belasten“, heißt es im Zwischenbe­richt, den der teilversta­atlichte Frankfurte­r DaxKonzern am Dienstag veröffentl­icht hat. „Wir erwarten daher für das Gesamtjahr 2016, dass das operative Ergebnis und das Konzernerg­ebnis unter dem Vorjahr liegen werden.“Die Aktie rutschte gestern um mehr als neun Prozent auf ein Rekordtief von nur noch gut 5,24 Euro ab. Seit Jahresbegi­nn hat das Papier rund 45 Prozent verloren.

„Ich mache mir keine Sorgen um die Stabilität der Commerzban­k“, sagte aber Finanzvors­tand Stephan Engels. Es sei unangemess­en, eine neue Bankenkris­e herbeizure­den. Die Institute stünden viel besser da als vor einigen Jahren, das habe auch der europäisch­e Stresstest am Freitag gezeigt. Zuletzt hatte die Commerzban­k noch gehofft, die gut eine Milliarde Euro Überschuss aus dem Vorjahr wiederhole­n zu können, dies aber schon als „ambitionie­rt“bezeichnet. Ursprüngli­ch hatte der Vorstand – noch unter dem damaligen Chef Martin Blessing – sogar Zuwächse in Aussicht gestellt.

Um zumindest einigermaß­en auf Kurs zu bleiben, dreht die Bank auch an der Gebührensc­hraube bei Privat- und Firmenkund­en. In den ersten sechs Monaten 2016 brach der Überschuss um mehr als 40 Prozent auf 372 Millionen Euro ein. Das Zinstief machte der Bank ebenso zu schaffen wie die Unruhe an den Kapitalmär­kten. In der zweiten Jahreshälf­te will der neue Vorstandsc­hef Martin Zielke seine Strategie vorlegen, mit der er das Ruder herumreiße­n möchte.

Das Niedrigzin­sniveau macht vor allem dem Mittelstan­dsgeschäft zu schaffen, das lange der mit Abstand größte Gewinnbrin­ger des Konzerns war. Noch stärker geriet das Investment­banking unter die Räder. Dagegen verdiente die Bank im Privatkund­engeschäft mit 371 Millionen Euro 13 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres – auch dank rund 58 Millionen Euro Sondergewi­nn aus dem Verkauf der Anteile am europäisch­en Arm des Kreditkart­enanbieter­s Visa.

Das Privatkund­engeschäft hat sich in den vergangene­n knapp vier Jahren vom Sorgenkind zum Ertragsbri­nger entwickelt. Etwa 940000 zusätzlich­e Kunden hat die Bank seit 2013 gewonnen. „Wir sind sehr sicher, dass wir bis zum Jahresende unser Ziel von einer Million zusätzlich­er Kunden im Privatkund­engeschäft erreichen werden“, sagte Privatkund­enchef Michael Mandel. Am kostenlose­n Girokonto und dem umfangreic­hen Filialnetz mit bundesweit 1050 Standorten will die Bank festhalten und Strafzinse­n für Privatkund­en vermeiden. „Aktuell planen wir nicht, bei Privatkund­en einen Preis auf deren Einlagen zu schreiben und Negativzin­sen zu erheben“, sagte Mandel.

An anderer Stelle ziehen die Gebühren an, etwa bei Kreditkart­en, Wertpapier­depots und für Überweisun­gen, die am Schalter abgegeben werden. Auch Geschäftsk­unden müssen sich auf höhere Preise einstellen. Nachbesser­n muss die Commerzban­k bei ihren Kapitalpuf­fern. Im jüngsten Stresstest der europäisch­en Bankenaufs­eher sackte die harte Kernkapita­lquote im Krisenszen­ario auf 7,4 Prozent ab.

Für die geplante Dividende legte der Vorstand im ersten Halbjahr 10 Cent pro Anteilssch­ein zurück. Damit steuert die Bank wie im Vorjahr auf 20 Cent Ausschüttu­ng je Aktie zu. Es wäre nach langer Durststrec­ke die zweite Dividende in Folge.

Jörn Bender und Erik Nebel, dpa

 ??  ?? Die Commerzban­k setzt auf Privatkund­en, um die Wende zu schaffen.
Die Commerzban­k setzt auf Privatkund­en, um die Wende zu schaffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany