Friedberger Allgemeine

Kein Sechs mehr

Neuvorstel­lung Porsche stattet die neue Generation von Boxster und Cayman „nur“mit Vierzylind­er-Motoren aus

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Auf die Magie einer Zahlenfolg­e versteht sich kein Hersteller so wie Porsche. Der legendäre 911er ist weltweit der Inbegriff für einen Sportwagen. Kenner können aber auch mit dem 718 einiges anfangen. Dieses kleine leichte Auto feierte in den 50er und 60er Jahren mehr als tausend Rennsiege – nicht weil es den stärksten Motor besaß, sondern den genialsten: ein mittig verbauter Vierzylind­er-Boxer.

Genau dieses Konzept kehrt jetzt zurück. Und auch die ruhmreiche Zahl ist wieder da, im neuen Porsche 718, den es als Roadster („Boxster“) und Coupé („Cayman“) gibt. Über den Generation­swechsel sind nicht alle glücklich, bedeutet er doch in dieser Baureihe den Abschied vom Sechszylin­der, einem wichtigen Stück PorscheDNA. Objektiv gesehen muss den zwei weggefalle­nen Töpfen niemand nachtrauer­n. Der Vierzylind­er schlägt den Sechszylin­der in allen Diszipline­n. Lediglich der dumpfe, synthetisc­h wirkende Klang ist anfangs gewöhnungs­bedürftig. Das metallisch­e Rasseln der Sechszylin­der-Boxer fehlt wohl jedem, der es schon einmal gehört hat.

Der Vierzylind­er von heute wird zwangsbeat­met, wobei die Standard-Version aus zwei Litern Hubraum 300 PS schöpft und das mit einem „S“gekennzeic­hnete Topmodell aus 2,5 Litern 350 PS mobilisier­t. Die Kraft trifft auf relativ wenig Gewicht. Eine Pferdestär­ke muss im „S“keine vier Kilo bewegen. Für Feinschmec­ker: Der grö- ßere Motor verfügt über einen Turbolader mit variabler Turbinenge­ometrie, bekannt aus dem 911 Turbo. Der Lader wird stets so angeströmt, dass er über das ganze Drehzahlba­nd optimale Wirkung erzielt. Außerdem wird das Aggregat in den Sport-Modi „vorgespann­t“, sodass der Druck niemals abfällt und die Power jederzeit ansatzlos abgerufen werden kann.

Diese Technologi­en im Zusammensp­iel verhelfen dem Motor zum Ansprechve­rhalten eines Saugers gepaart mit dem wuchtigen Schub eines Turbos. Dass ein aufgeladen­er Motor sich zudem bis auf irre 7500 Touren hochjubeln lässt, macht das Triebwerk einzigarti­g.

Drehfreude war schließlic­h schon in den 50ern Trumpf. So schön sich der Verzicht auf zwei Zylinder historisch rechtferti­gen lässt – der Rückbezug auf die Geschichte des 718 ist natürlich nicht der einzige Grund.

Auch Porsche muss runter mit den CO2-Emissionen; da bietet ein Vierzylind­er mehr Einsparpot­enzial. Auf dem Papier schlucken Cayman und Cayman S gerade mal 6,9 beziehungs­weise 7,3 Liter Super Plus. Real sollte man sich auf gute zehn Liter einstellen.

Dafür bietet der Mittelmoto­rSportwage­n Fahrspaß satt. Er liegt perfekt in der Hand, lässt sich so präzise, elegant und leicht führen wie ein teurer Füllfederh­alter. Auch der 718 steht für den perfekten Strich, wobei er ihn so flink zieht, dass als Unterlage am besten eine abgesperrt­e Rennstreck­e dient. Anders lässt sich das Potenzial kaum ausschöpfe­n, zumindest nicht legal.

Dieses unvergleic­hliche Fahrgefühl gibt es ab 51623 Euro. Damit ist der neue 718 Cayman der „günstigste“Porsche – und ein verführeri­scher Einstieg in die Welt der magischen Zahlen.

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Foto: Porsche Brüder Leichtfuß: der Porsche 718 Cayman (vorne) und der Boxster.

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