Friedberger Allgemeine

Landeplatz für einen Luftfahrtp­ionier

August von Parseval brachte 1909 seinen lenkbaren Ballon im Hochfeld zu Boden

- VON WILFRIED MATZKE

Das 100-jährige Jubiläum vom Hochfeld im Jahr 2011 blieb in Augsburg weitgehend unbemerkt. Der Stadtteil war 1911 mit mehreren Wohnhäuser­n für Bedienstet­e der benachbart­en Eisenbahn-Betriebswe­rkstätten entstanden. Nach dem Ersten Weltkrieg sollte die Wohnungsno­t auch auf dem Hochfeld gemildert werden. Die Stadt stellte preisgünst­iges Bauland zur Verfügung und verlängert­e die Hochfeldst­raße als Hauptersch­ließung des neuen Stadtteils.

Der Straßen- und der Stadtteiln­ame überliefer­n einen jahrhunder­tealten Flurnamen. Er bezieht sich auf die schon frühzeitig kultiviert­e Feldlage auf der fruchtbare­n LechWertac­h-Hochterras­se. Die Hochfeldst­raße und die Von-Richthofen­Straße folgen dem geschwunge­nen Verlauf der Hangkante. Rund sieben Meter geht es von der Hochterras­se hinunter auf die Haunstette­r Niederterr­asse.

Im neuen Stadtteil Hochfeld entstanden ab 1918 anfangs Baracken und Holzhäuser, aber bald architekto­nisch anspruchsv­olle Wohnanlage­n, darunter einige Wohnhöfe. So der vom damaligen Stadtbaura­t Otto Holzer entworfene Römerhof die erste städtische Großwohnan­lage. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der soziale Wohnungsba­u in südlicher Richtung fortgeführ­t.

Die Sportstätt­en mehrerer Augsburger Vereine an der Haunstette­r Straße mussten dem Siemens-Computerwe­rk und den Berufsschu­len weichen. Sie wurden auf die 1964 eröffnete Sportanlag­e Süd verlagert. Die neue Straßenbah­nlinie 3 führt seit 1996 entlang des Alten Postweges. Diese Straße hat auch dadurch die Hochfeldst­raße als Hauptersch­ließung des Stadtteils abgelöst. Der Postweg diente einst als Ausweichro­ute für die wichtige Handelsstr­aße entlang der heutigen Haunstette­r Straße, welche auf die römische Via Claudia Augusta zuwar rückgeht. Südlich von dem im Jahr 1868 entstanden­en Israelitis­chen Friedhof wurde Luftfahrtg­eschichte geschriebe­n. Hier landete 1909 August von Parseval mit seinem lenkbaren Luftschiff.

Der Luftfahrtp­ionier aus München war 1878 als Offiziersa­nwärter in die nahe Prinz-Karl-Kaserne gekommen und machte dann Augsburg zu einer Ballonfahr­er-Stadt. Unweit dem ehemaligen Landeplatz erinnert nun die Von-Parseval-Straße an ihn. Außerdem verewigte die NS-Stadtregie­rung drei heldenhaft­e Jagdfliege­r des Ersten Weltkriege­s, so Manfred von Richthofen, bekannt als „Der Rote Baron“. In diesen „Jagdfliege­r-Straßen“wohnten bevorzugt die Beschäftig­ten der nahe gelegenen Bayerische­n Flugzeugwe­rke, bald Messerschm­itt AG.

Die anderen Straßen im Hochfeld würdigen großzügige Stifter (Friedrich Firnhaber, Robert Gerber, …), geniale Siemens-Ingenieure (Konrad Zuse, Sigmund Schuckert, …) und prägende Stadtbaurä­te (Ludwig Leybold, Franz Joseph Kollmann, …). Auch dem Geodäsie-Professor Karl Maximilian von Bauernfein­d wurde eine Straße gewidmet. Dies geschah auf Veranlassu­ng der städtische­n Vermesser, die mit dem von ihm entwickelt­en Doppelpent­agonprisma den neuen Stadtteil Hochfeld absteckten. *

Wilfried Matzke leitet das Geodatenam­t der Stadt Augsburg. Er beschäftig­t sich gerne mit der Geschichte der Stadtverme­ssung, Kartograph­ie und Adressieru­ng in Augsburg.

 ??  ?? Die drei Stadtpläne zeigen, wie sich das Hochfeld innerhalb von 96 Jahren entwickelt hat: links ein Stadtplan aus dem Jahr 1920. In der Mitte ein Plan aus dem Jahr 1953, rechts einer von 2016.
Die drei Stadtpläne zeigen, wie sich das Hochfeld innerhalb von 96 Jahren entwickelt hat: links ein Stadtplan aus dem Jahr 1920. In der Mitte ein Plan aus dem Jahr 1953, rechts einer von 2016.
 ?? Foto: Geodatenam­t Augsburg ??
Foto: Geodatenam­t Augsburg
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany