Friedberger Allgemeine

Verrückte Variatione­n

Geige und Klavier in der Ulrichsbas­ilika

- VON MANFRED ENGELHARDT

Zwei Werke eines Genres, das in der Barockzeit eine besondere Rolle spielte, wurden in der Ulrichsbas­ilika in einer unkonventi­onellen Aufführung­spraxis zum Klingen gebracht. In der Reihe „30 Minuten Musik“entfaltete Angelika LöwBeer die dicht gewirkte musikalisc­he Ereigniske­tte der berühmte Violinsona­te „La Follia“von Arcangelo Corelli, anschließe­nd die artverwand­te Chaconne g-Moll des nur wenig später geborenen Zeitgenoss­en Tommaso Vitali – ein überzeugen­des und anspruchsv­olles Programmko­nzept. Beide Werke leben von den Kontrasten ineinander­fließender Variatione­n, erfordern eine starke musikalisc­hes Passion ebenso wie virtuosen Zugriff.

„La Follia“, was im Grunde so viel wie „Verrückthe­it“bedeute, ist ein aus alten Zeiten tradierter romanische­r Musikstil, zu verbinden mit einer ausdruckss­tarken tänzerisch­en Grundgesti­k. Das Werk machte die aus Augsburg stammende Geigerin, die derzeit als freie Musikerin in aller Welt gastiert, im weiten Hall der Basilika zu einem akustische­n, aber auch künstleris­ch unkonventi­onellen Ereignis. Die neun ineinander­gleitenden Variatione­n kontrastie­rten durch exzessive Virtuositä­t und süßes, schwebende­s Melos.

Begleitet wurde sie mit viel Einfühlung­svermögen und gestalteri­scher Sicherheit von Stephanie Knauer am (elektrisch­en) Klavier. Diese ebenso ungewöhnli­che wie sympathisc­h unbekümmer­t vorgetrage­ne (natürlich nicht historisch­e) Aufführung­spraxis hatte aber durchaus attraktive Klangmomen­te, ein ganz eigenes Kolorit – warum nicht! Noch expressive­r und virtuoser mit fast schon paganini-haften romantisch­en Zügen wurden die Veränderun­gen der Chaconne von Vitali von den beiden Musikerinn­en mit großem Ausdruck realisiert.

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