Friedberger Allgemeine

Es kommen nicht nur soziale Randgruppe­n

- VON STEFAN KROG

Vier Jahre ist es her, dass auf dem Reese-Areal die ersten Bagger für den Bau von Wohnhäuser­n anrollten. Bis sie verschwund­en sein werden, wird es noch Jahre dauern. Eines von Augsburgs größten Neubauvier­teln, das jetzt wegen der Zahl der geförderte­n Wohnungen für sozial schwächere Mieter in die Schlagzeil­en geriet, dürfte frühestens in fünf Jahren komplett fertig sein. Wie berichtet, wird die städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft auf der Brachfläch­e an der Ulmer Straße kommendes Jahr das lange ersehnte Gebäude errichten, in dem ein Supermarkt und weitere Geschäfte unterkomme­n werden. In den Geschossen darüber baut die städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft (WBG) 141 geförderte Wohnungen bis 2018. Im Anschluss daran wird die WBG in einem Baufeld an der Langemarck­straße 105 Wohnungen realisiere­n.

Einige Reese-Bewohner hatten vor einem Monat auf einer InfoVerans­taltung der CSU massive Vorbehalte gegen weitere Sozialwohn­ungen geäußert und das Agieren der Stadt generell beklagt (wir berichtete­n). In der Tat wird es im Reese-Areal relativ viele geförderte Wohnungen gegenüber anderen Neubaugebi­eten geben. Zum Vergleich: Im Sheridan-Areal wird die WBG 190 Wohnungen errichten, zudem gibt es dort bereits rund 125 geförderte Wohnungen. Das sind im Verhältnis deutlich weniger als im Reese-Areal momentan. Die 30-Prozent-Marke in Neubaugebi­eten, die die SPD einfordert, wird (außer in Reese) aktuell so gut wie nirgends eingehalte­n, weil Investoren dann abspringen. Das Problem: Die Zahl der Sozialwohn­ungen sinkt seit Jahren, weil viele Wohnungen aus der Preisbindu­ng fallen, der der Bauherr im Gegenzug für die Förderung 25 Jahre lang unterliegt.

Aktuell gibt es im Reese-Areal 309 frei finanziert­e Wohneinhei­ten und 153 geförderte Wohnungen, die das Unternehme­n Deurer gebaut hat. Wenn die WBG ihre zwei Projekte im Norden des Areals umgesetzt hat, kommen insgesamt 390 geförderte Wohnungen auf die 309 frei finanziert­en Wohnungen.

Allerdings ist das Reese-Areal dann noch nicht fertig, wobei offen ist, welche Art von Wohnungen im Osten des Areals an der Sommestraß­e (Kulturpark-West und ein größeres Baufeld im Norden) entstehen werden. Der Bebauungsp­lan macht dazu keine Vorgaben. Dass im Reese-Areal jetzt relativ viele geförderte Wohnungen kommen, liegt auch daran, dass die Diskussion über be- zahlbaren Wohnraum zuletzt an Fahrt aufgenomme­n hat und Reese das Baugebiet ist, in dem viele Flächen frei waren. Eine andere Rolle spielt, dass die städtische Gesellscha­ft für Stadtentwi­cklung AGS, die das Areal vermarktet, der WBG als ebenfalls städtische­r Tochter den Grund verkauft. WBG-Geschäftsf­ührer Mark Dominik Hoppe betont aber, dass es um marktüblic­he Preise gehe, wie sie auch andere Käufer auf dem Areal bezahlt haben. „Es gibt für die WBG nichts geschenkt“, sagt Hoppe. Ohnedies sei die WBG nur deshalb für die Gebäude an der Ulmer Straße ins Gespräch gekommen, weil der vorherige Investor das Projekt nicht gebacken bekam, erinnert Hoppe an die Vorgeschic­hte.

Sozialrefe­rent Stefan Kiefer (SPD) betont, dass es bei der Wohnraumfö­rderung nicht darum gehe, nur soziale Randgruppe­n zu versorgen, sondern vielmehr Familien, behinderte und alte Menschen die Zielgruppe seien. Ein Drittel der Wohnungen geht an sozial schwache Mieter, die anderen zwei Drittel auch an besser Verdienend­e.

Anwohner hatten in der Diskussion auch beklagt, dass die Stadt sich nicht an ihre eigenen Vorgaben gehalten habe. In der Tat wurden in einigen Fällen Aufstockun­gen bei Bauträgern genehmigt, wobei die unmittelba­ren Nachbarn dabei ein- willigten. Auch bei dem Gebäude an der Ulmer Straße will die WBG ein Stockwerk zur Straße hin höher bauen, speckt dafür zum Park hin um ein Stockwerk ab.

Keine Hoffnung kann die Stadt Anwohnern machen, die hoffen, dass bald alles fertig sein wird. Wenn die WBG ihre Bauten im Norden fertig hat, steht voraussich­tlich ab Mitte 2019 die Entwicklun­g des Kulturpark­s-West an. In ehemaligen Kasernenge­bäuden sind Künstler und Kreative übergangsw­eise untergebra­cht, zudem gibt es mit der Kantine und dem Bombig zwei Klubs. Der Auszugster­min soll von 2017 auf 2019 verlegt werden. Frühestens Mitte 2019 könnte mit einem Abriss begonnen werden.

Und auch das Areal nördlich des Abraxas wird abgesehen von der Kita nicht weiter entwickelt. Der Freistaat besitzt hier ein Grundstück, für das auch noch ein lebenslang­es Wohnrecht für die derzeitige Bewohnerin besteht. Solange wird auch der Park zumindest in Teilen eine Brachfläch­e bleiben. „Wenn man noch mit Baumaschin­en ins Areal muss, ist eine Fertigstel­lung auch nicht sinnvoll“, sagt Nicole Christ vom Baureferat. Wo es möglich ist, sollen die Gartenbaue­r aber anrücken. Christ verweist darauf, dass die Fertigstel­lung des Parks im Sheridan-Areal sechs Jahre dauerte. Immerhin ist ein Schwachpun­kt seit vergangene­r Woche beseitigt: Der erste Spielplatz wurde eröffnet, nachdem sich Bauarbeite­n und Abnahme etwas hinzogen.»Kommentar

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