Gitarre des Stiefvaters verjubelt
22-jähriger Aichacher stiehlt wertvolles Instrument und verkauft es
Aichach-Friedberg Eine „Gibson“– das ist nicht irgendeine Gitarre. Die Instrumente einer der ältesten und bekanntesten US-amerikanischen Hersteller genießen so etwas wie Kultstatus besonders bei Rockmusikern. Da hängt meist das Herz dran. Beim Feiern verjubelt hat ein 22-jähriger Aichacher die 2000 Euro, die er für eine gestohlene Gitarre dieser Marke bekommen hat. Es war die Lieblingsgitarre seines Stiefvaters und das wertvollste Stück in dessen Sammlung. Der Angeklagte habe das Vertrauen seines Stiefvaters aufs Schändlichste missbraucht, sagte Amtsrichter Walter Hell. Er verurteilte den Aichacher wegen Diebstahls und Betrugs gestern zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe.
Einziger Pluspunkt war für das Gericht, dass der 22-Jährige offen und ehrlich alles erzählte. Sogar so offen, dass er seine Aussage mit dem Hinweis begann, dass beim Verkauf der Gitarre ein „Kollege“mit im Spiel war. Mit dem zusammen war er bei einem Gitarrenhändler in München aufgetaucht. Aber der Reihe nach. Der Stiefvater des 22-Jährigen ist ein Gitarrenliebhaber, der im Laufe der Jahre eine Sammlung seiner Lieblingsstücke angelegt hat. Im Dezember 2012 kaufte er sich für 3900 Euro eine E-Gitarre der Marke Gibson. Auf die habe er lange spekuliert, sagte der 57-Jährige vor Gericht aus.
Entsprechend entsetzt war er, als er Anfang Februar feststellte, dass ausgerechnet das teuerste Stück seiner Sammlung fehlte. Dass der Stiefsohn die genommen hatte, war ihm sofort klar. Zum einen, weil außer den Familienmitgliedern niemand in der Wohnung gewesen war. Zum anderen wahrscheinlich auch, weil es nicht das erste Mal war, dass der 22-Jährige etwas geklaut hat, wie Richter Hell vermutete. Dazu wolle er nichts sagen, antwortete der Stiefvater. Zum Ausdruck brachte er aber, wie tief der Riss im Ver- trauensverhältnis zum Stiefsohn ist. Der hatte sich nicht wahllos irgendeine Gitarre gegriffen, sondern sich zuerst im Internet über den Wert der einzelnen Stücke informiert. Wenn er schon so ein Risiko eingehe, dann sollte es sich auch lohnen, begründete der Aichacher seine Recherche. Die teure Gitarre zu verkaufen, war aber schwieriger als erwartet. Der 22-Jährige dazu: „Viele wollten so eine wertvolle Gitarre gar nicht annehmen.“Ein Münchener Händler zeigte schließlich Interesse. Dem erzählte der Aichacher, dass er die Gitarre von seinem Onkel geschenkt bekommen habe. Das bestätigte der „Kollege“, der den 22-Jährigen begleitet hatte. Die selbstsichere Art, mit der der Aichacher seinen Ausweis zeigte, seine Telefonnummer angab und den Vertrag unterschrieb, überzeugte den Händler, dass er es wirklich mit dem Eigentümer zu tun hatte.
2000 Euro hatte der Angeklagte von dem Gitarrenhändler bekommen. „Wir haben mit dem Geld einen draufgemacht“, erzählte er ganz offen dem Gericht. Zusammen mit seinem Kumpel war er nach Frankfurt oder Düsseldorf gefahren und hatte das Geld dort verjubelt.
„Hemmungslos und skrupellos“fand Staatsanwältin Birgit Milzarek dieses Vorgehen. Sie hielt dem Angeklagten vor, dass er massiv das Vertrauensverhältnis zu seinem Stiefvater zerstört habe. Dem Mann, der momentan für den Unterhalt des Arbeitslosen aufkommt. Dazu kam, dass er erst sechs Monate vorher wegen Betrug verurteilt worden war. Die Staatsanwältin plädierte wegen Diebstahls und Betrugs für eine zehnmonatige Bewährungsstrafe sowie 120 Stunden soziale Hilfsdienste.
Das sah auch Amtsrichter Hell so. Für ihn wog besonders schwer, dass der Angeklagte jemanden aus der Familie beklaut hatte. Und das ohne Geldnot. Als Auflage muss der 22-Jährige den Schaden über 2000 Euro wiedergutmachen.