Viele Republikaner wären Trump gerne wieder los
Der Kandidat schlägt wild um sich und stürzt in den Umfragen ab. Wird eine geheime Kommandoaktion geplant?
Washington Auflösungserscheinungen bei der Grand Old Party: Die US-Republikaner wissen nicht mehr, wie sie mit ihrem wild um sich schlagenden Präsidentschaftskandidaten Donald Trump umgehen sollen. Der 70 Jahre alte Immobilienmilliardär aus New York hat die Partei drei Monate vor der Wahl am 8. November in die vielleicht tiefste Krise seit Watergate gestürzt. Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Trumps Umfragewerte sind im freien Fall. Im wichtigen Swing State Pennsylvania liegt der Republikaner nach einer neuen Umfrage elf Punkte hinter Clinton, in New Hampshire 17 Punkte und in Michigan neun Punkte. Selbst im konservativen Südstaat North Carolina, wo Trump für einen Wahlsieg im November unbedingt gewinnen muss, liegt Clinton noch knapp vorn. Landesweit hat Clinton einen Vorsprung im zweistelligen Bereich.
Viel schlimmer aus Sicht der Republikaner ist aber, dass der Kandidat Trump offenbar völlig beratungsresistent ist. Einflussreiche Größen in der Partei wie der frühere Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Newt Gingrich, erreichen ihn nicht. Der frühere Parteichef Michael Steele sprach am Donnerstag Klartext. „Wenn du diesen Job haben willst, dann wäre es gut, wenn du anfängst, dich so zu verhalten. Sonst ist es vorbei.“
Die Parteiführung ist nach einer Serie Trumpscher Fehltritte binnen weniger Tage, gipfelnd in dem tagelangen Streit mit den Eltern eines muslimischen US-Soldaten, der im Irak gefallen war, stocksauer. Parteichef Reince Priebus „platzt vor Wut“über Trump, wird kolportiert. Nach den Negativschlagzeilen hatte Trump nichts Besseres zu tun, als führenden Köpfen der eigenen Partei, darunter Abgeordnetenhaus-Chef Paul Ryan, trotzig die Gefolgschaft bei wichtigen Vorwahlen zu verweigern.
Der politische Gegner hat inzwischen jeden Respekt vor Trump und seiner Partei verloren. „Er hat eine Schraube locker“, sagt William Weld, Vizepräsidentschaftskandidat für die chancenlose Libertarian Party und immerhin republikanischer Ex-Gouverneur von Massachusetts. Die New York Times sprach am
Senatoren und Abgeordnete fürchten um ihre Jobs
Donnerstag in Bezug auf Trump vom „Verhalten eines Kleinkindes“. Die Zeitung schrieb bewusst nicht „Baby“, weil Trump, anders als ein Baby, schon einen kleinen Wortschatz besitze.
Die Republikaner bezahlen im Moment auch die Rechnung für eine Politik, die mit George W. Bush angefangen hat und in eine Blockadehaltung gegenüber Präsident Barack Obama mündete. Das Vertrauen der Stammwählerschaft in die Politikfähigkeit der Partei ist auf einem Tiefpunkt. Die Mitgliedschaft schrie nach einem Anti-EstablishmentKandidaten, das heterogene Feld der Vorwahl-Kandidaten machte den Showman Trump dann möglich. Jetzt befürchten die Republikaner nicht nur, den Kampf ums Präsidentenamt zu verlieren. Sie bangen auch um die Mehrheit in Senat und Abgeordnetenhaus. Im Senat müssten die Demokraten nur vier Sitze „umdrehen“, im Abgeordnetenhaus fehlen ihnen 30 Sitze.
Bisher schneiden die konservativen Kandidaten in den Bundesstaaten noch besser ab als der Präsidentschaftsbewerber Trump, doch auch das ist nicht garantiert. „Trump könnte die Senatoren-Kandidaten mit sich runterziehen“, meint der Politblog FiveThirtyEight.
Bei den Parlamentariern geht die nackte Angst um ihren Job um. Einige fragen, ob Trump überhaupt Präsident werden will, manche mutmaßen, er würde selbst eine erfolgreiche Wahl nicht annehmen. Wieder andere streuen das Gerücht, Trump solle in einer geheimen Kommandoaktion als Kandidat abgesägt werden. Eher Nervosität als Substanz, aber Ausdruck der Gefühlslage einer Partei, die Großes vorhatte. Michael Donhauser, dpa