Friedberger Allgemeine

Weiterwurs­chteln bis zur nächsten Krise

-

Italiens Ministerpr­äsident Matteo Renzi gibt Entwarnung. Die Stresstest­s bei 53 europäisch­en Banken hätten gezeigt, dass die Probleme der europäisch­en Finanzen nicht in Italien begründet liegen. Vier von fünf Banken seien gesund. Und für das Sorgenkind Monte dei Paschi habe man einen tragfähige­n Rettungspl­an vorgelegt.

Renzi übersieht allerdings, dass Italiens Bankensyst­em weiter an strukturel­len Problemen leidet. Während andere EU-Länder bald nach Beginn der Finanzkris­e kranke Institute gerettet haben, ist das heute angesichts der neuen europäisch­en Regelungen nicht mehr möglich. Italien hat die Chance zu einem radikalen Schnitt bereits vor Jahren verpasst. Das ist nicht Renzis Versagen, sondern die Leichtfert­igkeit seiner Vorgänger, die jeweils nur kurz im Amt waren.

Die italienisc­he Regierung sollte sich nun aber nicht mit der ungewissen Sonderlösu­ng für die Krisenbank Monte dei Paschi und den akzeptable­n Ergebnisse­n der anderen italienisc­hen Banken beim Stresstest zufriedeng­eben. Italiens Bankensyst­em muss weiter reformiert werden. Es ist unrentabel. Zu viele Filialen und damit hohe Kosten behindern ein produktive­s Wirtschaft­en. Auch belasten immer noch außergewöh­nlich viele faule Kredite die Institute. Akzeptiert Italien aus politische­m Kalkül den Status quo, übersteht Renzi vielleicht das Verfassung­sreferendu­m im Herbst, an das er seine politische Zukunft geknüpft hat. Bis zur nächsten Systemkris­e ist es hingegen nur eine Frage der Zeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany