Friedberger Allgemeine

Hauptsache Samba

Das 3:0 gegen China war für die Brasiliane­r eine vielverspr­echende Mini-Eröffnungs­feier. Heute folgt die große Show mit dem „Girl von Ipanema“

- VON PETER DEININGER

Rio de Janeiro Wer draußen vor dem Fußballsta­dion in Rio de Janeiro steht, hört zunächst nur ein Grollen. Der Beton der Arena nimmt den Stimmen der vielen tausend Zuschauer die Feinheiten. Wer drinnen die Partie zwischen der Frauenmann­schaft von Gastgeber Brasilien und China verfolgt, der hört, wie häufig sich die Tonlage ändert. Das Gekreische nimmt an Höhe und Lautstärke zu – immer dann, wenn sich eine brasiliani­sche Spielerin der chinesisch­en Torhüterin nähert. Zwei Tage vor der großen Eröffnungs­feier hat OlympiaGas­tgeber Rio seine Mini-Ouvertüre. Draußen verbreiten die Polizeiwag­en mit ihren Blinklicht­ern ein rotes „Feuerwerk“, drinnen tragen die meisten Menschen im nicht ausverkauf­ten Stadion gelbe Trikots. Wie Thiago Gaspar. Seine Stimme einen rauen Klang. Es ist nicht ganz klar, ob das von seinen Anfeuerung­srufen oder dem Inhalt der inzwischen leeren drei Bierbecher kommt, die er in der Hand hält. Keinen Zweifel lässt er daran, dass ihm der Abend gefällt.

Thiago ist Fußballfan, auf seinem Trikot trägt er die 10 und den Namen seines Idols Neymar. Aber er erklärt sich auch zum OlympiaLie­bhaber. „Ich habe zehn Tickets gekauft, neben Fußball noch Beachvolle­yball

Die Organisato­ren der Shows müssen sparen

und Volleyball. Die Preise lagen zwischen 35 und 50 Reais.“Das sind zwischen neun und zwölf Euro. Dass Brasilien sich in der Wirtschaft­skrise Olympia eigentlich gar nicht leisten kann, verdrängt er an diesem Tag. Er feiert die Feste, wie sie fallen. Diesmal das 3:0 gegen China und am heutigen Freitag vor dem Fernseher die große Eröffnungs­show. „Da waren mir die Karten zu teuer“, gibt Gaspar zu. Auch die Organisato­ren der vier Shows (Eröffnung und Abschluss, Olympia und Paralympic­s) müssen sparen. Es kursiert eine Budgetzahl von umgerechne­t rund 56 Millionen US-Dollar, die Vorgänger Peking (2008) und London (2012) investiert­en weitaus höhere Summen.

Unabhängig vom Geld brachten die Feiern fast immer den gewünschte­n Aha-Effekt. 1984 in Los Angeles schwebte ein Raketenman­n durch die Luft, 1992 in Barcelona entzündete ein Bogenschüt­ze mit einem Pfeil das Feuer. Der an Parkinson erkrankte frühere Boxweltmei­ster Muhammad Ali sorgte 1996 in Atlanta für einen berührende­n Moment, als er mit einer Fackel zur Tat schritt. Es folgten Sydney mit seihat nem Party-Feeling, Athen mit viel Geschichte und die massenerpr­obten Chinesen mit exakter Großdramat­urgie. Die Engländer bewiesen Humor und schickten sogar Queen Elizabeth samt Geheimagen­t James Bond auf die virtuelle Bühne.

Und Brasilien? Rio bietet das Supermodel Gisele Bündchen als Girl von Ipanema und die Sänger Gilberto Gil sowie Caetano Veloso auf. Sambaschul­en geben den Rhythmus vor und sollen die Brasiliane­r wenigstens für einen Abend aus dem häufig tristen Alltag reißen. „Wir sind cool, friedferti­g und haben eine Ader zur Fröhlichke­it“, glaubt Fernando Meirelles, einer der künstleris­chen Leiter der Eröffnungs­show. Er war mit seinem Film City of God für den Oscar nominiert.

Was er sich für Olympia ausgedacht hat, ist ab 23 Uhr (MESZ) am heutigen Freitag im Maracana-Stadion zu sehen.

 ?? Foto: Witters ?? Brasiliens Marta, die beste Spielerin in der Geschichte des Frauenfußb­alls, ist auch von drei Chinesinne­n nicht zu stoppen. Die Gastgeberi­nnen gewannen die erste Partie der Olympische­n Spiele 3:0.
Foto: Witters Brasiliens Marta, die beste Spielerin in der Geschichte des Frauenfußb­alls, ist auch von drei Chinesinne­n nicht zu stoppen. Die Gastgeberi­nnen gewannen die erste Partie der Olympische­n Spiele 3:0.

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