Hauptsache Samba
Das 3:0 gegen China war für die Brasilianer eine vielversprechende Mini-Eröffnungsfeier. Heute folgt die große Show mit dem „Girl von Ipanema“
Rio de Janeiro Wer draußen vor dem Fußballstadion in Rio de Janeiro steht, hört zunächst nur ein Grollen. Der Beton der Arena nimmt den Stimmen der vielen tausend Zuschauer die Feinheiten. Wer drinnen die Partie zwischen der Frauenmannschaft von Gastgeber Brasilien und China verfolgt, der hört, wie häufig sich die Tonlage ändert. Das Gekreische nimmt an Höhe und Lautstärke zu – immer dann, wenn sich eine brasilianische Spielerin der chinesischen Torhüterin nähert. Zwei Tage vor der großen Eröffnungsfeier hat OlympiaGastgeber Rio seine Mini-Ouvertüre. Draußen verbreiten die Polizeiwagen mit ihren Blinklichtern ein rotes „Feuerwerk“, drinnen tragen die meisten Menschen im nicht ausverkauften Stadion gelbe Trikots. Wie Thiago Gaspar. Seine Stimme einen rauen Klang. Es ist nicht ganz klar, ob das von seinen Anfeuerungsrufen oder dem Inhalt der inzwischen leeren drei Bierbecher kommt, die er in der Hand hält. Keinen Zweifel lässt er daran, dass ihm der Abend gefällt.
Thiago ist Fußballfan, auf seinem Trikot trägt er die 10 und den Namen seines Idols Neymar. Aber er erklärt sich auch zum OlympiaLiebhaber. „Ich habe zehn Tickets gekauft, neben Fußball noch Beachvolleyball
Die Organisatoren der Shows müssen sparen
und Volleyball. Die Preise lagen zwischen 35 und 50 Reais.“Das sind zwischen neun und zwölf Euro. Dass Brasilien sich in der Wirtschaftskrise Olympia eigentlich gar nicht leisten kann, verdrängt er an diesem Tag. Er feiert die Feste, wie sie fallen. Diesmal das 3:0 gegen China und am heutigen Freitag vor dem Fernseher die große Eröffnungsshow. „Da waren mir die Karten zu teuer“, gibt Gaspar zu. Auch die Organisatoren der vier Shows (Eröffnung und Abschluss, Olympia und Paralympics) müssen sparen. Es kursiert eine Budgetzahl von umgerechnet rund 56 Millionen US-Dollar, die Vorgänger Peking (2008) und London (2012) investierten weitaus höhere Summen.
Unabhängig vom Geld brachten die Feiern fast immer den gewünschten Aha-Effekt. 1984 in Los Angeles schwebte ein Raketenmann durch die Luft, 1992 in Barcelona entzündete ein Bogenschütze mit einem Pfeil das Feuer. Der an Parkinson erkrankte frühere Boxweltmeister Muhammad Ali sorgte 1996 in Atlanta für einen berührenden Moment, als er mit einer Fackel zur Tat schritt. Es folgten Sydney mit seihat nem Party-Feeling, Athen mit viel Geschichte und die massenerprobten Chinesen mit exakter Großdramaturgie. Die Engländer bewiesen Humor und schickten sogar Queen Elizabeth samt Geheimagent James Bond auf die virtuelle Bühne.
Und Brasilien? Rio bietet das Supermodel Gisele Bündchen als Girl von Ipanema und die Sänger Gilberto Gil sowie Caetano Veloso auf. Sambaschulen geben den Rhythmus vor und sollen die Brasilianer wenigstens für einen Abend aus dem häufig tristen Alltag reißen. „Wir sind cool, friedfertig und haben eine Ader zur Fröhlichkeit“, glaubt Fernando Meirelles, einer der künstlerischen Leiter der Eröffnungsshow. Er war mit seinem Film City of God für den Oscar nominiert.
Was er sich für Olympia ausgedacht hat, ist ab 23 Uhr (MESZ) am heutigen Freitag im Maracana-Stadion zu sehen.