77 gute Gründe, Augsburg nicht zu verlassen
Mein Augsburg Endlich will einer mal ein Buch schreiben, das viele Augsburg-Nörgler zu ihrer Pflichtlektüre machen sollten
Ein guter Bekannter von mir gehört zu jenen Augsburgern, die immer irgendwie mit ihrer Heimatstadt hadern. Manchmal denke ich mir: Gibt es eigentlich auch mal etwas, an dem du nichts auszusetzen hast? Mein Bekannter leidet unter unfreundlichen Straßenbahnfahrern, parkenden Autos auf dem Radweg, überraschenden Baustellen, selbstherrlichen Beamten in der Stadtverwaltung und notorisch unfähigen Stadträten. Manchmal nimmt er sich viel Zeit, mir sein Leiden an dieser Stadt im kleinsten Detail zu erklären. Was soll ich sagen: Oft hat er leider Recht. Seit Längerem beschleicht mich dennoch das Gefühl, dass sich hinter seinen Nörgeleien eine tiefe Liebe zu Augsburg verbirgt.
Denn obwohl er es ein paar Mal ernsthaft erwogen haben will, ist er nie weggegangen aus Augsburg. Ich glaube, ein Leben fern von Augsburg wäre wirklich die Hölle für ihn. Ja, er würde sich wahrscheinlich fieberhaft zurücksehnen zu unfreundlichen Tramfahrern, der ewigen Baustelleritis, ignoranten Beamten und sogar dem einen oder anderen Rathauspolitiker, vor dem es ihn doch so gruselt.
Dass es so ist, weiß ich jetzt gewiss – seit mein Bekannter, den ich übrigens sehr schätze, mir ankündigte, ein Buch zu schreiben. Titel: „77 gute Gründe, Augsburg nicht zu verlassen!“Die Stadt sei ja gar nicht so mies, ließ er mich zu meinem größten Erstaunen dieser Tage wissen. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Hat ihn nach 50 Jahren endlich mal ein Tramfahrer angelächelt? Ist es altersmilde?
Ich finde, er sollte dieses Buch unbedingt machen. Denn es soll ja noch immer viele Augsburger geben, ja Augsburg-Verächter, die nicht mitbekommen haben, dass sie trotz der einen oder anderen Schwachstelle in einer äußerst lebensund liebenswerten Stadt zu Hause sind. Sie sollten dieses Buch unbedingt lesen und sich dann auf den Weg machen und mit einigen der vielen Neubürger sprechen, die in der Regel begeistert sind von ihrer neuen Stadt.
Den Kontakt zu zwei lieben Münchnern, die seit einem Jahr in Augsburg wohnen und die Stadt täglich mehr ins Herz schließen, kann ich gerne vermitteln. Sie mögen an Augsburg die natürliche Schönheit und Unaufgeregtheit, die sie als wohltuend empfinden gegen das Abgehobene, Aufgesetzte und Gekünstelte in der Weltstadt nebenan. Von den Lebenshaltungskosten ganz zu schweigen.
Meine Münchner Freunde haben mich übrigens in einer Einschätzung bestätigt, die ich persönlich bereits vor 31 Jahren als Neubürger in Augsburg machte: Die Menschen hier sind gegenüber Fremden gar nicht so reserviert und ablehnend, wie Augsburger oft von sich vermuten, dass sie es sind. Wenn ich mich umhöre unter den vielen Zugezogenen, schwärmen mir viele augenblicklich vor, wie offen sie in der Stadt, die doch so viel besser sei als ihr Ruf, aufgenommen worden sind.
Wenn mein Bekannter, der nun unter die Autoren gehen will, mich also fragen sollte, was mir an Augsburg gefällt, könnte ich ihm ohne nachzudenken eine lange Liste schreiben.
Dann müsste er den Titel seines Buches allerdings ändern in „1000 gute Gründe, Augsburg nicht zu verlassen!“