Sex unter der Fußgängerbrücke
Prozess War das Liebesspiel, bei dem auch eine ältere Schülergruppe zufällig zuschaute, ein öffentliches Ärgernis?
Sex kann an vielen Orten stattfinden: unter Ausschluss der Öffentlichkeit im heimischen Schlafzimmer, auf einer einsamen Waldwiese, am Meeresstrand. Oder ganz profan: mitten in der Stadt. Dann könnte die körperliche Liebe zu einem öffentlichen Ärgernis werden. Zu einer Straftat, die noch dazu in öffentlicher Verhandlung debattiert wird. Zwei, die sich vor einem Jahr am helllichten Nachmittag unter ei- ner Fußgängerbrücke bei der CityGalerie untenherum nackt intensiven Sexspielen hingaben, saßen deshalb nun auf der Anklagebank vor Richterin Susanne Hillebrand. Angeklagt eben der „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Ein Straftatbestand, der rechtliche Tücken hat.
Ein Passant hatte damals mit dem Stichwort „Sex unter einer Brücke“über den Notruf 110 die Polizei alarmiert. Aber offenbar nur deshalb, weil sich ganz in der Nähe an der Bushaltestelle eine Schülergruppe aufhielt, die freien Blick auf die Geschehnisse hatte. Ein Polizist erinnerte sich als Zeuge im Prozess, dass man das Liebesspiel, es handelte sich um Oralsex, schon bei der Anfahrt im Streifenwagen deutlich erkannt habe. „Als ich beide ansprach, haben sich aber beide gleich angezogen.“Sein Kollege berichtete von einem „menschlichen Knäuel“, das man gesehen habe.
Die beiden Angeklagten (Verteidiger: Marco Müller und Felix Hägele) räumten den öffentlichen Sex ein. Die 42-Jährige: „Wir hatten uns zuvor gestritten. Und dann haben wir uns halt stürmisch versöhnt.“Der Mann, 43, inzwischen auch der Ehegatte, beteuerte, man habe sich eigens hinter einem Busch versteckt und sei „ganz sicher“gewesen, dass niemand zuschauen könne.
Tatsächlich hatte der Busch aber nur von einer Seite die Sicht verdeckt, wie Tatortfotos belegen, die die Polizei im Nachgang mit dem Paar, diesmal angezogen, schoss. Strittig war vor Gericht, ob bei den 13- bis 14-jährigen Schülern, die Zeugen der Liebesspiele geworden waren, auch tatsächlich ein „Ärgernis“ausgelöst worden war – eine Voraussetzung für den Tatbestand an sich.
Einer der uniformierten Polizisten, sagte: „Die Mädels waren schon angeekelt.“Im Bericht der Kripo, die die Schüler vernahm, ist allerdings davon nicht die Rede. Bei der Fortsetzung des Prozesses sollen nun die Kriminalpolizisten klärend aussagen.