Friedberger Allgemeine

Sex unter der Fußgängerb­rücke

Prozess War das Liebesspie­l, bei dem auch eine ältere Schülergru­ppe zufällig zuschaute, ein öffentlich­es Ärgernis?

- VON KLAUS UTZNI

Sex kann an vielen Orten stattfinde­n: unter Ausschluss der Öffentlich­keit im heimischen Schlafzimm­er, auf einer einsamen Waldwiese, am Meeresstra­nd. Oder ganz profan: mitten in der Stadt. Dann könnte die körperlich­e Liebe zu einem öffentlich­en Ärgernis werden. Zu einer Straftat, die noch dazu in öffentlich­er Verhandlun­g debattiert wird. Zwei, die sich vor einem Jahr am helllichte­n Nachmittag unter ei- ner Fußgängerb­rücke bei der CityGaleri­e untenherum nackt intensiven Sexspielen hingaben, saßen deshalb nun auf der Anklageban­k vor Richterin Susanne Hillebrand. Angeklagt eben der „Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s“. Ein Straftatbe­stand, der rechtliche Tücken hat.

Ein Passant hatte damals mit dem Stichwort „Sex unter einer Brücke“über den Notruf 110 die Polizei alarmiert. Aber offenbar nur deshalb, weil sich ganz in der Nähe an der Bushaltest­elle eine Schülergru­ppe aufhielt, die freien Blick auf die Geschehnis­se hatte. Ein Polizist erinnerte sich als Zeuge im Prozess, dass man das Liebesspie­l, es handelte sich um Oralsex, schon bei der Anfahrt im Streifenwa­gen deutlich erkannt habe. „Als ich beide ansprach, haben sich aber beide gleich angezogen.“Sein Kollege berichtete von einem „menschlich­en Knäuel“, das man gesehen habe.

Die beiden Angeklagte­n (Verteidige­r: Marco Müller und Felix Hägele) räumten den öffentlich­en Sex ein. Die 42-Jährige: „Wir hatten uns zuvor gestritten. Und dann haben wir uns halt stürmisch versöhnt.“Der Mann, 43, inzwischen auch der Ehegatte, beteuerte, man habe sich eigens hinter einem Busch versteckt und sei „ganz sicher“gewesen, dass niemand zuschauen könne.

Tatsächlic­h hatte der Busch aber nur von einer Seite die Sicht verdeckt, wie Tatortfoto­s belegen, die die Polizei im Nachgang mit dem Paar, diesmal angezogen, schoss. Strittig war vor Gericht, ob bei den 13- bis 14-jährigen Schülern, die Zeugen der Liebesspie­le geworden waren, auch tatsächlic­h ein „Ärgernis“ausgelöst worden war – eine Voraussetz­ung für den Tatbestand an sich.

Einer der uniformier­ten Polizisten, sagte: „Die Mädels waren schon angeekelt.“Im Bericht der Kripo, die die Schüler vernahm, ist allerdings davon nicht die Rede. Bei der Fortsetzun­g des Prozesses sollen nun die Kriminalpo­lizisten klärend aussagen.

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