Terror: Frankreich zeigt Härte
Aber wer fragt nach sozialen Ursachen?
Paris Die jüngsten Pläne der Regierung wusste Marion Maréchal-Le Pen bestens für sich zu nutzen. Medienwirksam erklärte die Abgeordnete des rechtsgerichteten Front National, sie stelle sich dem Militär als freiwillige Reservistin zur Verfügung, um gegenüber ihren Wählern und jenen, die es noch werden sollen, Patriotismus zu beweisen. Indem die sozialistische Regierung bis 2019 eine Nationalgarde mit 84000 Reservisten aufbauen will, greift sie ausgerechnet eine alte Forderung der französischen Rechtsextremen auf. Ob so die Terrorgefahr eingedämmt wird, ist jedoch fraglich.
In Frankreich hat sich ein Gefühl der Bedrohung breitgemacht. Dafür sorgten die jüngsten Anschläge – erst tötete in Nizza ein Mann am Steuer eines Lastwagens 85 Menschen, dann ermordeten zwei Fanatiker in einer katholischen Kirche bei Rouen einen Priester. Die Menschen fragen sich, ob und wie die Regierung sie gegen solchen Horror schützen kann. Diese steht unter großem Druck, auch durch die scharfen Angriffe der konservativen und rechtsextremen Opposition, und weiß zugleich, dass die Wirkung schneller Reaktionen begrenzt ist. Weil die Probleme tiefer liegen.
Schon im vergangenen Jahr traten neue Anti-Terror-Gesetze in Kraft, seit den Pariser Anschlägen im November herrscht der Ausnahmezustand, der Ermittlern unter anderem erlaubt, ohne richterlichen Beschluss Wohnungen zu durchsuchen und Computer zu beschlagnahmen. Menschenrechtsorganisationen sehen den Rechtsstaat in Gefahr.
Je öfter Frankreich angegriffen wird, desto autoritärer klingt die Antwort der Regierung, die in ihrem Krieg gegen den Terrorismus das Sicherheitsarsenal ständig ausweitet. Zwar versucht sie auch, mit der Neuorganisation des Islam in Frankreich und der Ausbildung von Imamen die rund sechs Millionen Muslime im Land miteinzubeziehen, statt sie zu stigmatisieren. Doch wenig wird getan gegen mangelnde Bildung, Rassismus und Armut – und damit könnten auch künftig mäßig integrierte junge Männer zu brutalen Terroristen heranwachsen.
Zwar ist es in Frankreich wenig populär, die Anschläge auch als Folge fehlender Chancengleichheit zu sehen. Doch zu verstehen, warum die Täter blindwütigen Hass entwickeln, erscheint für eine Ursachenbekämpfung unumgänglich.