Friedberger Allgemeine

Türkei attackiert Österreich

Das Land sei ein „Hort des Rassismus“

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Istanbul Angesichts der Forderung Österreich­s nach einem Ende der EU-Beitrittsg­espräche mit der Türkei hat die Regierung in Ankara die Alpenrepub­lik heftig attackiert. „Heute ist Österreich die Hauptstadt des radikalen Rassismus“, sagte der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu am Freitag dem regierungs­nahen Sender TGRT. Der Minister verwendete das Wort „Hauptstadt“offensicht­lich im Sinne von „Zentrum“. Österreich­s Bundeskanz­ler Christian Kern hatte gesagt, die EU-Beitrittsg­espräche mit der Türkei seien „nur noch diplomatis­che Fiktion“. Kern hatte zugleich ein „alternativ­es Konzept“gefordert. Cavusoglu sagte, von den Aussagen Kerns sei „eine hässlicher als die andere“. Cavusoglu verwahrte sich gegen Kritik aus der EU insgesamt. „Von nun an können sie uns keine Demokratie-Lektion mehr erteilen“, sagte er. „In Europa herrscht ein ernstes Rassismusp­roblem. Zusammen mit der Türkenfein­dlichkeit hat auch die Islamfeind­lichkeit ihren Gipfel erreicht.“

Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz forderte über Twitter, die türkische Regierung müsse sich sowohl in der Wortwahl als auch beim Vorgehen im Land mäßigen. Im ORF sagte er am Freitagabe­nd, er sehe den Flüchtling­sdeal mit Ankara vor dem Aus. Cavusoglu hingegen verschärft­e seine Kritik an Medien. „In den meisten europäisch­en Ländern sind die Medien nicht frei. Vor allem in Deutschlan­d sind sie überhaupt nicht frei“, sagte er. „Sie werden alle vollständi­g von einem Kontrollme­chanismus geleitet.“

Als erster westlicher Spitzenpol­itiker seit dem Putschvers­uch plant US-Außenminis­ter John Kerry einen Besuch in der Türkei. Kerry werde am 24. August zu Gesprächen anreisen, sagte Cavusoglu. Erdogan hatte dem Westen vorgeworfe­n, sich „auf die Seite der Putschiste­n gestellt“zu haben.

Unterdesse­n wurde bekannt, dass unter den tausenden Festgenomm­enen in der Türkei auch eine deutsche Staatsbürg­erin ist. WDR, NDR und Süddeutsch­e Zeitung berichtete­n am Freitag unter Berufung auf Regierungs­kreise, die deutsche Botschaft in Ankara bemühe sich seit Tagen um Kontakt zu der Frau. Demnach wurde sie wegen des Verdachts der Zugehörigk­eit zur Gülen-Bewegung festgenomm­en. Ob die Frau in der Türkei lebe und ob sie auch die türkische Staatsbürg­erschaft besitze, war gestern Abend noch nicht bekannt. (dpa, afp, AZ)

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