Von der Fabrik auf die Autobahn
Die Tricor AG schreibt von Bad Wörishofen aus eine Erfolgsgeschichte. Schwergewichte wie BMW, MAN oder Lanxess setzen auf das Know-how aus dem Unterallgäu
Bad Wörishofen Von der Chefetage des Tricor-Firmensitzes hat man einen herrlichen Blick auf die Alpenkette. Martin Müller lenkt den Blick aber viel lieber auf die Zahlen seines Unternehmens. Mit Recht, denn die Tricor AG setzt neue Maßstäbe. Aus dem ehemals regionalen Wellpappenverarbeiter Müller Verpackungen ist Europas Marktführer für anspruchsvolle Verpackungen aus Schwerwellpappe geworden. Tricor gibt in der Wellpappen-Branche nun den Ton an. Praktisch nebenbei hat Müller auch die Kurstadt Bad Wörishofen im Unterallgäu ein Stück weit verändert.
In kurzer Zeit hat sich die Tricor AG zum größten Arbeitgeber der Stadt entwickelt. Müller beschäftigt 520 Menschen, nimmt man die hauseigene Spedition Transcor mit dazu, sind es sogar 650. „Aus ursprünglich 120 avisierten neuen Arbeitsplätzen entstanden am Standort Bad Wörishofen 230“, sagt Müller. Und das in einem Landkreis, in dem praktisch Vollbeschäftigung herrscht, der Wettbewerb um Fachkräfte in vollem Gange ist. Man habe damit auch die eigenen Erwartungen weit übertroffen. Seit dem Umzug 2013 bis heute habe das Unternehmen in Bad Wörishofen rund 2,3 Millionen Euro an Gewerbesteuer gezahlt, bis zum Jahresende werden es rund 3,2 Millionen Euro sein. Die Tricor AG sei mittlerweile der größte Gewerbesteuerzahler Bad Wörishofens, sagt Müller.
Als die Wörishofer das Rennen um die schwabenweit begehrte Ansiedlung gemacht hatten, hofften die Verantwortlichen auf eine solche Entwicklung. Der Stadtrat unter dem damaligen Bürgermeister Klaus Holetschek (CSU) stellte entsprechend gleich die Weichen für die Zukunft. Der Gewerbesteuersatz sank mit der Entscheidung für Tricor auf den Spitzenwert von 240 Prozent. Das sollte neue Unternehmen anlocken, der Stadt eine zweite Einnahmequelle neben dem Kurbetrieb verschaffen. Mittlerweile entsteht direkt bei Tricor an der A 96 – weit weg vom Kurgebiet – ein riesiger Gewerbepark. Zudem plant ein Investor Büroflächen für steuergünstige Firmensitze. Die Stadt würde von den Gewerbesteuereinnahmen profitieren. Müller engagiert sich außerdem an Schulen und bietet mit großem Engagement Flüchtlingen eine Zukunft bei Tricor. Überregional unterstützt Tricor den FCA.
Mit klugen Entscheidungen ist Müller auch durch die Wirtschaftskrise gekommen, hat den Umsatz sogar vervielfacht. 175 Millionen Euro sollen es in diesem Jahr werden, 2007 waren es noch 65 Millionen. Größte Abnehmer der Produkte sind die Schwergewichte der Automobilund Chemiebranche, von BMW bis MAN und Lanxess.
Dazu kommt ein 180 Millionen Euro schweres Investitionspaket für die nächsten fünf Jahre. Im Westen Deutschlands und voraussichtlich in England entstehen neue Standorte nach dem Vorbild Bad Wörishofens. Dort wird zudem ein Design- und Innovationszentrum gebaut, einmalig in der Branche.
Schöne Aussichten also, nicht nur auf die Alpen.