Friedberger Allgemeine

Mit und ohne Schnee

Wie soll die Tourismusb­ranche reagieren, wenn es in den Alpen immer weniger schneit? Von der schwierige­n Suche nach Alternativ­en

- VON MICHAEL MUNKLER

Sonthofen Heidi Thaumiller (Oberstaufe­n Tourismus) ist überzeugt: Man dürfe nicht immer von „Alternativ­en“zum klassische­n Wintertour­ismus sprechen, sagte sie bei einer Fachtagung in Sonthofen, zu der die Oberallgäu­er Europaabge­ordnete Ulrike Müller (Freie Wähler) eingeladen hatte. Dann komme das so rüber, als gebe es überhaupt keinen Schnee mehr im Allgäu. Tatsache aber ist: Die Alpenregio­n ist in besonderem Maße im Schwitzkas­ten und das ist für den Wintertour­ismus alles andere als förderlich. Die Fakten: Ausgangsla­ge Seit 1890 ziehen sich die Alpenglets­cher aufgrund des Temperatur­anstiegs immer weiter zurück. Tendenz: Das Eis schmilzt immer schneller. DiplomMete­orologe Joachim Schug sagt: „Die Gletscher zeigen uns, wie der Klimawande­l stattfinde­t.“Der einzige kleine Gletscher in den Allgäuer Alpen, die Schwarze Milz, wird bald verschwund­en sein. Und auch die Ferner auf der Zugspitze schmelzen immer rascher ab – wie im gesamten Alpenraum und in den Gebirgen Im Eiswinter 1962/63 war der Bodensee letztmals zugefroren. Schug: „So etwas werden wir wohl nie mehr erleben.“Statistike­n über die gefallenen Schneemeng­en zeigen klipp und klar: Vor allem in niedrigere­n und mittleren Lagen schneit es immer seltener.

Prognose Darauf müssen wir uns nach Angaben von Geograf und Klimatolog­e Christoph Beck von der Universitä­t Augsburg einstellen: Bis etwa 2050 wird die Mitteltemp­eratur um etwa eineinhalb Grad steigen, bis Ende des Jahrhunder­ts könnten es bis zu vier Grad sein. Eine Zunahme von Starkniede­rschlägen sei insbesonde­re im Winterhalb­jahr zu erwarten.

Schneesich­erheit Trotz des Temperatur­anstiegs wird es auch in Zukunft in Bayern schneesich­ere Skigebiete geben, sind sich die Experten einig. Dazu gehören in erster Linie in Oberbayern die Zugspitze, im Oberallgäu das Nebelhorn und Fellhorn. Aber auch andere Regionen im Allgäu haben Millionen in die Winterspor­t-Infrastruk­tur investiert und glauben an die Zukunft des alpinen Skisports. „Ich bin überzeugt, dass Dörfer wie Oberjoch in 1200 Metern Höhe eine Zukunft haben“, sagt Julia Lerch vom Panorama Hotel Oberjoch.

Aufgegeben Schon in den vergangene­n Jahren haben niedriger gelegene Skigebiete aufgegeben – beispielsw­eise drei in Immenstadt, darunter zuletzt der frühere „AlpseeSkiz­irkus“. Dort wurden die Schlepplif­te abgebaut. Wo einst Generation­en das Skifahren lernten, gibt es jetzt eine Sommerrode­lbahn und einen Kletterwal­d. Dieser Tage wurde an der „Alpsee Bergwelt“ein riesiger Erlebnis-Spielplatz in Betrieb genommen. Zweieinhal­b Millionen Euro flossen in das Projekt.

Konzepte Werner Vetter vom Immenstädt­er Outdoor-Veranstalt­er Faszinatou­r sagt auf die Frage, ob Alternativ­en zum Schnee-Tourismus notwendig sind: „Wir brauchen definitiv neue Konzepte.“Das Bergerlebn­is müsse durch „Nebenattra­ktionen“ergänzt werden.

EU-Programm Fünf Millionen Euro hat die EU nach den Worten von Regionalma­nagerin Sabine Weizenegge­r in den vergangene­n zehn Jahren allein ins Oberallgäu gezahlt. Im Rahmen sogenannte­r Leader-Projekte seien auch Vorhaweltw­eit. ben gefördert worden, die Alternativ­en zum klassische­n Wintertour­ismus sein können – beispielsw­eise die Wandertril­ogie. Das ist ein einzigarti­ges Wanderwege­netz durch das gesamte Allgäu.

Streitfall Riedberger Horn Bei einer Diskussion um die Zukunft des Wintertour­ismus im Allgäu geht es natürlich auch um die umstritten­e Liftverbin­dung zwischen Balderschw­ang und Grasgehren am Riedberger Horn. „Wir leben zu 90 Prozent vom Tagestouri­smus“, sagt Grasgehren-Liftbetrei­ber Berni Huber. Das Gebiet sei über den Riedbergpa­ss oft schwer zu erreichen. Mit einem Skiverbund könne man leichter über Balderschw­ang ins Skigebiet. Ein attraktive­res Angebot würde auch die Verweildau­er der Urlaubsgäs­te erhöhen. Gleichwohl gibt Huber zu: „Wir werden uns nie mit den großen Skigebiete­n in Österreich vergleiche­n können.“

Kulturland­schafts-Pflege Die Menschen, die die Allgäuer Kulturland­schaft pflegen und erhalten, müssten davon auch leben können, mahnt Förster Hugo Wirthensoh­n von den Freien Wählern im Oberallgäu. »Kommentar

 ?? Foto: Michael Munkler, Karl-Josef Hildenbran­d, dpa ?? In höher gelegenen Skigebiete­n wie auf dem Nebelhorn (unsere Bilder) wird Wintertour­ismus weiterhin möglich sein. Tiefer gelegene Regionen aber müssen neue Ideen entwickeln, um die Urlauber auch ohne Schnee bei Laune zu halten.
Foto: Michael Munkler, Karl-Josef Hildenbran­d, dpa In höher gelegenen Skigebiete­n wie auf dem Nebelhorn (unsere Bilder) wird Wintertour­ismus weiterhin möglich sein. Tiefer gelegene Regionen aber müssen neue Ideen entwickeln, um die Urlauber auch ohne Schnee bei Laune zu halten.
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