Friedberger Allgemeine

Stadtwerke SV vor der Pleite?

Der Verein kämpft mit großen finanziell­en Problemen. Es gibt massiven Ärger zwischen der Fußball- und der Tennisabte­ilung – und auch Anwälte sind schon eingeschal­tet

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Es sieht nicht gut aus für den Stadtwerke SV Augsburg: Auf dem Verein lastet ein Schuldenbe­rg, die Finanzen sind ungeordnet, genauso wie die Vereinsfüh­rung. Am 1. September 2015 ist der erste Vorsitzend­e Peter Billy zurückgetr­eten. Vor wenigen Wochen legte auch der zweite Vorsitzend­e Walter Heigl sein Amt nieder. Geblieben ist der dritte Vorsitzend­e Thomas Kamlah – aber der darf den Verein gemäß Satzung nicht allein führen.

Mittlerwei­le sind die Vertreter der Fußball- und der Tennisabte­ilung über die Vorgänge im Verein so zerstritte­n, dass fast nur noch über Rechtsanwä­lte kommunizie­rt wird.

Jede Seite sieht sich im Recht. Tennis-Abteilungs­leiter Thomas Kamlah macht schlechte Zahlungsmo­ral und Fehlplanun­gen der Fußballer dafür verantwort­lich, dass der Verein ins Minus gerutscht ist. „Ich sehe den Verein in den Konkurs laufen, wenn wir so weitermach­en“, findet Kamlah deutliche Worte. Seine Rechnung: „Ich habe 159 Tennismitg­lieder, die im Jahr 22 000 Euro an Mitgliedsb­eiträgen zahlen. Zweidritte­l ihrer Beiträge aber gehen in eine andere Abteilung.“

Gemeint ist die Fußballabt­eilung. Dort gebe es derzeit keine verlässlic­hen Mitglieder­zahlen, so Kamlah, er spricht von elf Erwachsene­n und zehn Jugendlich­en, die ihren Beitrag gezahlt haben. In den verschiede­nen Mannschaft­en des Vereins seien aber rund 40 Fußballer aktiv. Kamlah sagt: „Die Lage des Stadtwerke SV ist kritisch und krass. Wenn ich das rein wirtschaft­lich sehe, komme ich zu dem Schluss, dass man eine derart unwirtscha­ftliche Abteilung auflösen muss.“Ein Vorschlag, den der Fußball-Abteilungs­leiter, der zurückgetr­etene erste Vorsitzend­e Peter Billy, entschiede­n zurückweis­t. Die schlechte Zahlungsmo­ral der Fußballer bestreitet er gar nicht. Doch er hält den Gesamtvere­in dafür verantwort­lich, das Geld einzutreib­en. Billy glaubt, dass die Fußballer durch Bandenwerb­ung und Vermietung ihrer Plätze an andere Sport-Teams für genügend Einnahmen sorgen. Er glaubt, dass „die Tennisabte­ilung die Fußballer einfach nur raus haben möchte“.

Thomas Kamlah bestreitet das. Er argumentie­rt, dass sich die Fußballer nur so, wie sie jetzt aufgestell­t sind, nicht finanziere­n können. Vor allem die Energiekos­ten würden die wenigen Gelder, die hereinkomm­en, verschling­en. Er hat Angst, dass die Fußballer den ganzen Verein in die Insolvenz mitreißen. Kamlah: „So läuft es höchstens noch bis Ende des Jahres. Dann ist es aus.“Was die finanziell­e Lage zusätzlich verschärft: Die Stadtwerke Augsburg wollen ihr bisher recht großzügige­s Sponsoring an den Verein bald komplett einstellen. Angesichts der finanziell­en Belastunge­n sei schon im Herbst 2015 im Vereinsaus­schuss beschlosse­n worden, die Zugehörigk­eit in der Juniorenfö­rder-Gemeinscha­ft (JFG) Augsburg-West aufzukündi­gen. In dem Zusammensc­hluss von fünf Augsburger Sportverei­nen trainieren und spielen jugendlich­e Kicker gemeinsam. 1500 Euro pro Jahr zahlte Stadtwerke SV bisher in die JFG ein. Das Geld könne der Verein jetzt nicht mehr aufbringen, sagt Kamlah. Er verweist auf die wenigen Jugendlich­e, die noch in der Fußballabt­eilung registrier­t sind. „Das heißt nicht, dass die Jugend zu teuer ist, sondern dass die Jugendlich­en, die bei uns im Verein waren und unter unserem Namen gespielt haben, einfach ihren Beitrag nicht gezahlt haben“, sagt Kamlah.

Groß war das Entsetzen bei der JFG Augsburg-West über die Kündigung. Regelmäßig haben JFGMannsch­aften bisher auf dem Stadtwerke-Areal am Wildtauben­weg trainiert. Allerdings hat JFG-Vorsitzend­er Jürgen Kattner schon länger festgestel­lt, dass es um den Stadtwerke SV nicht gut bestellt ist. „Da die Heizung im Vereinshei­m nicht saniert worden ist, fehlt den Kindern warmes Wasser zum Duschen. Das geht gar nicht“, berichtet Kattner. Tennis-Abteilungs­leiter Thomas Kamlah weiß, dass die Heizung im Vereinshei­m sanierungs­bedürftig ist. Doch er sieht keine Möglichkei­t, das zu ändern. Im benachbart­en Tennisheim dagegen ist die Heizung erneuert worden. Die Mitglieder, so Tennis-Chef Kamlah, hätten die Renovierun­g vor einiger Zeit aus eigenen Mitteln geschulter­t.

Im Vereinshei­m hat sich auch schon eine weitere Baustelle aufgetan. Das Dach, das über das Tennisund das Sportheim geht, ist marode. Bis zu 100000 Euro soll die Sanierung kosten. Selbst wenn er staatliche Zuschüsse erhalten würde, könnte der Stadtwerke SV den nötigen Eigenantei­l nicht aufbringen.

Thomas Kamlah fühlt sich trotz aller Probleme dazu berufen, den Verein zu leiten. Im März war er in der außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g zum neuen ersten Vorsitzend­en gewählt worden. Doch er darf das Amt nicht ausüben. Das Registerge­richt hat die Wahl nicht anerkannt, die Versammlun­g sei nicht satzungsko­nform verlaufen. Kamlah ist also weiterhin „nur“dritter Vorsitzend­er. Weil es aber keinen ersten und zweiten Vorsitzend­en gibt, ist im Verein ein Führungs-Vakuum entstanden.

Thomas Kamlah sagt, er dürfe allein beispielsw­eise keine neuen Mitglieder aufnehmen, sondern nur übergangsw­eise interne Dinge des Vereins regeln. Wie etwa Einladunge­n für eine neue Mitglieder­versammlun­g verschicke­n. Diese solle „schnellstm­öglichst“stattfinde­n, sagt Kamlah, vielleicht schon im September. Dann wird er sich wohl erneut zur Wahl stellen – um zu retten, was noch zu retten ist. In seinen Augen ist das aber nur die Tennisabte­ilung.

„So läuft es höchstens noch bis Ende des Jahres. Dann ist es aus.“

Tennis-Abteilungs­leiter Thomas Kamlah

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Zwei Abteilunge­n unter einem Dach: Doch zwischen der Tennisabte­ilung (links der Bereich Tennisheim, rechts Sportheim) und der Fußball-Abteilung herrscht große Uneinigkei­t, ob und wie der Verein seine finanziell­e Krise lösen soll.
Foto: Siegfried Kerpf Zwei Abteilunge­n unter einem Dach: Doch zwischen der Tennisabte­ilung (links der Bereich Tennisheim, rechts Sportheim) und der Fußball-Abteilung herrscht große Uneinigkei­t, ob und wie der Verein seine finanziell­e Krise lösen soll.

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