Die Pendler nehmen’s (noch) gelassen
Gleisbauarbeiten Weniger Züge, andere Abfahrtszeiten, mehr Verspätungen: Fahrgäste müssen zwischen Westheim und Dinkelscherben in den Sommerferien viel aushalten. Für einige von ihnen wird das erst der Anfang sein
Landkreis Augsburg Diese Sommerferien werden kein Spaß – zumindest nicht für die Anwohner der Bahnstrecke Augsburg–Ulm zwischen Neusäß-Westheim und Freihalden. Und auch nicht für die Bahnpendler. Denn bis 12. September, dem letzten Sommerferientag, hat die Bahn eine Großbaustelle eingerichtet: Es werden Tag und Nacht Gleise, Weichen und Durchlässe im Bahndamm erneuert. Die Folge: Es fahren weniger Züge, die Abfahrtszeiten ändern sich und die Fahrzeit zwischen Ulm und Augsburg verlängert sich um eine halbe Stunde.
Zwischen Dinkelscherben und Westheim werden fünf Durchlässe und im Bahnhof Dinkelscherben eine Weiche erneuert. Die Bahn investiert in die Instandhaltung der Trasse insgesamt rund 8,3 Millionen Euro. 22000 Meter Schienen werden erneuert, 24500 Betonschwellen ersetzt und 20 500 Tonnen Schotter ausgetauscht. Und das alles mit großen Maschinen, die quasi vollautomatisch das ganze Gleisbett austauschen. Und einen Höllenlärm machen. Dazu tuten immer wieder jene sirenenartigen Hupen, die die Arbeiter vor herannahenden Zügen Die Arbeiten sind laut Bahn nötig, weil die alten Anlagen ihre Lebensdauer erreicht haben.
Holprig verlief der Start am ersten Ferientag: Fahrgäste berichteten, dass sich die Pendler in die seltener fahrenden Züge quetschen mussten. Hinzu kam, dass alle Einser-Schüler kostenfrei fahren durften. Ab Dienstag hat sich die Lage aber wieder entspannt – und die Fahrgäste nehmen es im Großen und Ganzen mit Gelassenheit: „Ich habe mich darauf eingestellt, es hilft ja nichts“, sagt Münchenpendlerin Sabine Schilling aus Diedorf, die nun bereits um 7.03 Uhr morgens den Fugger-Express besteigt – etwa 20 Minuten früher als sonst.
Das stört auch Matti Müller aus Diedorf. „Warum fahren die Züge jetzt so viel früher“, fragt er sich, zudem seien die Wagen in Richtung München sehr voll, da ja während der Bauarbeiten weniger Züge verkehren. Im Juli hatte es noch geheißen, dass die meisten Züge während der Gleisbauarbeiten in doppelter statt in einfacher Zuglänge verkeh- ren. Nun erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn: „Zur Ermittlung des Platzbedarfs wurden die vorliegenden Zahlen ausgewertet und die Züge verstärkt, bei denen der größte Platzbedarf zu erwarten ist.“
Trotzdem erreichten uns Beschwerden einiger Leser, dass die Züge in den vergangenen Tagen überfüllt waren und sich die Fahrgäste „wie die Heringe zusammenquetschen“mussten. Dazu erklärt der Bahnsprecher: „Von Zugbegleitern wurden keine überfüllten Züge gemeldet.“Eine Sitzplatzgarantie könne nicht gegeben werden, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten und im Nahbereich von Augsburg.
Jedoch berichtet Christa Weiß aus Gessertshausen, die täglich nach Augsburg pendelt, dass ihr Zug sehr wohl die doppelte Länge hatte: „Es wurden zwei Züge zusammengehängt.“Schade sei nur, dass die Züge abends nur stündlich fahren – da kann es unangenehm sein, falls mal ein Zug verpasst wird. Das stört auch eine Pendlerin aus Diedorf, die stets ihren Anschlusszug vom Hauptbahnhof in die Morellstraße verpasst – „nur um eine Minute“.
Generell hatten Kunden anfangs Probleme, in Erfahrung zu bringen, wann welcher Zug überhaupt fährt. So beklagt Paul Trieb aus Gessertswarnen. hausen, dass es keine Broschüren oder Handzettel zu den Fahrplanänderungen gab. Dazu sagt ein Sprecher der Bahn, dass es während der Vollsperrung am Wochenende Handzettel gegeben habe, die über Änderungen sowie den Schienenersatzverkehr informierten. Derzeit gebe es keinen Schienenersatz – und daher auch keine Informationszettel. Insgesamt gehe das Unternehmen weg vom gedruckten Papier: „Es gibt so viele andere Kanäle, wo sich die Fahrgäste informieren können.“Neben einem Newsletter der Bahn sowie Informationen in einer App oder auf der Homepage hingen in den Bahnhöfen Aushänge, die über ausfallende Züge informierten.
Das stimmt – auch am Diedorfer Bahnhof hängt ein Zettel im Schaukasten, der darüber informiert, dass alle Abfahrten vom Gleis 2 erfolgen. Den hat Lisa Stocker aus Anhausen aber übersehen – und weder beim AVV noch bei der Bahn habe man ihr telefonisch Auskunft geben können. „Die haben mir nur per Mail den Fahrplan geschickt.“So hat sie morgens am Bahnhof von Mitreisenden erfahren, wo sie hinmuss.
Bahnkunden müssen sich immer und überall auf Verspätungen gefasst machen: Am Donnerstagmorgen standen die Passagiere 20 Minuten am Bahnhof Gessertshausen, bis der Zug endlich kam. In den quetschten sich dann auch noch die Passagiere, die eigentlich erst mit den nächsten Zug fahren wollten. Christa Weiß sagt: „Ärgerlich ist vor allem die fehlende Information“, denn zunächst hieß es: fünf Minuten Verspätung. Und wer erst 20 Minuten später in Augsburg ist, verpasst in der Regel seinen Anschlusszug. Und kommt zu spät zur Arbeit ...
Genau das soll ja in Zukunft nicht mehr passieren: Denn die jetzigen Baumaßnahmen werden nicht die letzten sein, damit die Zugreisenden pünktlich ans Ziel kommen. In dieser Woche hat das Kabinett den neuen Bundesverkehrswegeplan beschlossen – und darin steht, dass bis 2030 die Strecke Augsburg–Ulm ausgebaut wird. Vermutlich mit einem zusätzlichen dritten Gleis. Die Variante entlang der Autobahn hat sich damit erledigt.
Pendler: Wir mussten uns reinquetschen „wie die Heringe“. Bahnsprecher: Uns wurden keine „überfüllten Züge“gemeldet.
Beschwerden können Fahrgäste an die DB Regio Allgäu-Schwaben unter Telefon 0180/6996633 richten.