Friedberger Allgemeine

Die Pendler nehmen’s (noch) gelassen

Gleisbauar­beiten Weniger Züge, andere Abfahrtsze­iten, mehr Verspätung­en: Fahrgäste müssen zwischen Westheim und Dinkelsche­rben in den Sommerferi­en viel aushalten. Für einige von ihnen wird das erst der Anfang sein

- VON ANGELA DAVID UND SANDRA LIERMANN

Landkreis Augsburg Diese Sommerferi­en werden kein Spaß – zumindest nicht für die Anwohner der Bahnstreck­e Augsburg–Ulm zwischen Neusäß-Westheim und Freihalden. Und auch nicht für die Bahnpendle­r. Denn bis 12. September, dem letzten Sommerferi­entag, hat die Bahn eine Großbauste­lle eingericht­et: Es werden Tag und Nacht Gleise, Weichen und Durchlässe im Bahndamm erneuert. Die Folge: Es fahren weniger Züge, die Abfahrtsze­iten ändern sich und die Fahrzeit zwischen Ulm und Augsburg verlängert sich um eine halbe Stunde.

Zwischen Dinkelsche­rben und Westheim werden fünf Durchlässe und im Bahnhof Dinkelsche­rben eine Weiche erneuert. Die Bahn investiert in die Instandhal­tung der Trasse insgesamt rund 8,3 Millionen Euro. 22000 Meter Schienen werden erneuert, 24500 Betonschwe­llen ersetzt und 20 500 Tonnen Schotter ausgetausc­ht. Und das alles mit großen Maschinen, die quasi vollautoma­tisch das ganze Gleisbett austausche­n. Und einen Höllenlärm machen. Dazu tuten immer wieder jene sirenenart­igen Hupen, die die Arbeiter vor herannahen­den Zügen Die Arbeiten sind laut Bahn nötig, weil die alten Anlagen ihre Lebensdaue­r erreicht haben.

Holprig verlief der Start am ersten Ferientag: Fahrgäste berichtete­n, dass sich die Pendler in die seltener fahrenden Züge quetschen mussten. Hinzu kam, dass alle Einser-Schüler kostenfrei fahren durften. Ab Dienstag hat sich die Lage aber wieder entspannt – und die Fahrgäste nehmen es im Großen und Ganzen mit Gelassenhe­it: „Ich habe mich darauf eingestell­t, es hilft ja nichts“, sagt Münchenpen­dlerin Sabine Schilling aus Diedorf, die nun bereits um 7.03 Uhr morgens den Fugger-Express besteigt – etwa 20 Minuten früher als sonst.

Das stört auch Matti Müller aus Diedorf. „Warum fahren die Züge jetzt so viel früher“, fragt er sich, zudem seien die Wagen in Richtung München sehr voll, da ja während der Bauarbeite­n weniger Züge verkehren. Im Juli hatte es noch geheißen, dass die meisten Züge während der Gleisbauar­beiten in doppelter statt in einfacher Zuglänge verkeh- ren. Nun erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn: „Zur Ermittlung des Platzbedar­fs wurden die vorliegend­en Zahlen ausgewerte­t und die Züge verstärkt, bei denen der größte Platzbedar­f zu erwarten ist.“

Trotzdem erreichten uns Beschwerde­n einiger Leser, dass die Züge in den vergangene­n Tagen überfüllt waren und sich die Fahrgäste „wie die Heringe zusammenqu­etschen“mussten. Dazu erklärt der Bahnsprech­er: „Von Zugbegleit­ern wurden keine überfüllte­n Züge gemeldet.“Eine Sitzplatzg­arantie könne nicht gegeben werden, insbesonde­re in den Hauptverke­hrszeiten und im Nahbereich von Augsburg.

Jedoch berichtet Christa Weiß aus Gessertsha­usen, die täglich nach Augsburg pendelt, dass ihr Zug sehr wohl die doppelte Länge hatte: „Es wurden zwei Züge zusammenge­hängt.“Schade sei nur, dass die Züge abends nur stündlich fahren – da kann es unangenehm sein, falls mal ein Zug verpasst wird. Das stört auch eine Pendlerin aus Diedorf, die stets ihren Anschlussz­ug vom Hauptbahnh­of in die Morellstra­ße verpasst – „nur um eine Minute“.

Generell hatten Kunden anfangs Probleme, in Erfahrung zu bringen, wann welcher Zug überhaupt fährt. So beklagt Paul Trieb aus Gessertswa­rnen. hausen, dass es keine Broschüren oder Handzettel zu den Fahrplanän­derungen gab. Dazu sagt ein Sprecher der Bahn, dass es während der Vollsperru­ng am Wochenende Handzettel gegeben habe, die über Änderungen sowie den Schienener­satzverkeh­r informiert­en. Derzeit gebe es keinen Schienener­satz – und daher auch keine Informatio­nszettel. Insgesamt gehe das Unternehme­n weg vom gedruckten Papier: „Es gibt so viele andere Kanäle, wo sich die Fahrgäste informiere­n können.“Neben einem Newsletter der Bahn sowie Informatio­nen in einer App oder auf der Homepage hingen in den Bahnhöfen Aushänge, die über ausfallend­e Züge informiert­en.

Das stimmt – auch am Diedorfer Bahnhof hängt ein Zettel im Schaukaste­n, der darüber informiert, dass alle Abfahrten vom Gleis 2 erfolgen. Den hat Lisa Stocker aus Anhausen aber übersehen – und weder beim AVV noch bei der Bahn habe man ihr telefonisc­h Auskunft geben können. „Die haben mir nur per Mail den Fahrplan geschickt.“So hat sie morgens am Bahnhof von Mitreisend­en erfahren, wo sie hinmuss.

Bahnkunden müssen sich immer und überall auf Verspätung­en gefasst machen: Am Donnerstag­morgen standen die Passagiere 20 Minuten am Bahnhof Gessertsha­usen, bis der Zug endlich kam. In den quetschten sich dann auch noch die Passagiere, die eigentlich erst mit den nächsten Zug fahren wollten. Christa Weiß sagt: „Ärgerlich ist vor allem die fehlende Informatio­n“, denn zunächst hieß es: fünf Minuten Verspätung. Und wer erst 20 Minuten später in Augsburg ist, verpasst in der Regel seinen Anschlussz­ug. Und kommt zu spät zur Arbeit ...

Genau das soll ja in Zukunft nicht mehr passieren: Denn die jetzigen Baumaßnahm­en werden nicht die letzten sein, damit die Zugreisend­en pünktlich ans Ziel kommen. In dieser Woche hat das Kabinett den neuen Bundesverk­ehrswegepl­an beschlosse­n – und darin steht, dass bis 2030 die Strecke Augsburg–Ulm ausgebaut wird. Vermutlich mit einem zusätzlich­en dritten Gleis. Die Variante entlang der Autobahn hat sich damit erledigt.

Pendler: Wir mussten uns reinquetsc­hen „wie die Heringe“. Bahnsprech­er: Uns wurden keine „überfüllte­n Züge“gemeldet.

Beschwerde­n können Fahrgäste an die DB Regio Allgäu-Schwaben unter Telefon 0180/6996633 richten.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Auch in Diedorf ist der Zugang zum Gleis 1 bereits gesperrt. Während der ganzen Sommerferi­en lässt die Bahn auf der Strecke zwischen Augsburg und Ulm rund 22 000 Meter Schienen austausche­n. Die Fahrgäste müssen daher zahlreiche Unannehmli­chkeiten...
Foto: Marcus Merk Auch in Diedorf ist der Zugang zum Gleis 1 bereits gesperrt. Während der ganzen Sommerferi­en lässt die Bahn auf der Strecke zwischen Augsburg und Ulm rund 22 000 Meter Schienen austausche­n. Die Fahrgäste müssen daher zahlreiche Unannehmli­chkeiten...

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