In einem Augsburg vor unserer Zeit
Historische Spiele, mittelalterliches Essen und akrobatische Auftritte: Was den Besuchern auf dem Stadtmauerfest am besten gefällt
Kleine Ritter kämpfen mit Holzschwertern zu mittelalterlicher Musik und arme Mädchen werden im Schandgalgen den Bürgern zur Abschreckung präsentiert. Auf dem Stadtmauerfest sind die Besucher im Augsburg des Jahres 1516 gelandet. Der Platz rund um das Wertachbrucker Tor ist um 500 Jahre in der Zeit zurückversetzt worden, um Einblicke in die Vergangenheit zu ermöglichen.
Auch Phillipp und sein Bruder Benjamin sind auf Zeitreise gegangen. Sie versuchen sich gerade am Münzwurf. Dort gilt es, eine Münze auf ein kleines Boot in einer mit Wasser gefüllten Schubkarre zu werfen. Ihre Mama Cordula MüllerMoll ist begeistert von den Schaustellern auf dem Fest und deren Art, die Historie zu vermitteln.
Für Kinder ist viel geboten. In der Mitte des Festgeländes steht ein großes Holzkarussell, das mit der Muskelkraft der Schausteller angetrieben wird. An zahlreichen Ständen können sich die Kinder schminken lassen, bunte Zöpfe bekommen oder beim Bogen- und Armbrustschießen Ziele anvisieren. Viele Familien besuchen das Fest, aber auch sonst sind Menschen allen Alters vertreten.
Auch Peter und Roswitha Kölle besuchen gerne das Fest am Wertachbrucker Tor. Sie sind von der Gestaltung und Inszenierung des Geländes beeindruckt. Besonders ansprechend finden sie das Karussell und die detailreich verzierten Buden. Sie sind Stammgäste des Festes und loben das vielfältige Angebot für jedes Alter. Die vielen Sitzgelegenheiten und die Balance zwischen Essen und Aktionen hält das Ehepaar im Vergleich zu den vergangenen Festen ebenfalls für gelungen.
Neben den vielen Besuchern ziehen auch mittelalterliche Gestalten über das Fest. Einer davon ist der Medicus Dr. Jung, begleitet von Prior Johannes Augustanus Faber. Der Arzt ist gänzlich in Schwarz gekleidet. Ein damaliges Markenzeichen der Ärzte, da schwarzer Farbstoff sehr teuer war und sehr robust gegenüber Verfärbungen. Auffällig ist auf den ersten Blick seine Gesichtsmaske. Sie sieht aus wie ein weißer, nach unten gekrümmter Schnabel mit zwei kleinen Löchern für die Augen. Auch wenn sie unheimlich aussieht, diente sie damals dazu, sich vor Keimen in der Luft zu schützen und sich als Arzt nicht bei seinen Patienten anzustecken. Dafür legte man Kräuter oder auch ein Kreuz in den hohlen Schnabel der Maske, erklärt sein Gefährte, der Prior aus St. Magdalena. Das ist für Dr. Jung auch wichtig, denn er ist Pestarzt, daher nennt man diese Maske auch Pestmaske.
Neben der Historie, Vorführungen und Aktionen zum Mitmachen ist der größte Aspekt auf dem Fest das Essen. Von überall her dampfen Speisen aus den Pfannen und Töpfen. Barbara Bläßing und Ernst Broksch lassen sich einen Flammkuchen schmecken. Das ist ihre erste Station auf dem Stadtmauerfest. Das Fest – früher hieß es Wertachbrucker Thorfest – haben sie schon häufiger besucht. Aus ihrer Sicht gehört es sich für einen Augsburger, solche Feste zu besuchen. Die historische Atmosphäre sagt ihnen sehr zu, die Preise für Essen und Trinken seien angemessen, das Bier schmecke.
So denkt auch Andreas Holzmann, der zusammen mit seiner Freundin Bettina Seitz in der sogenannten Chill-Out-Zone des Festes den Abend ausklingen lässt. In diesem Bereich des Festgeländes wandelt sich die Zeit. Eine Bühne mit Band und Darbietungen aus den 1950er-Jahren laden zum Entspannen in einem der vielen Liegestühle ein. Sie finden es gut, dass sich nicht alles nur um Essen und Trinken dreht. Die neue Konzeption mit den drei Zonen finden sie abwechslungsreich und schön anzuschauen.
Die Zonen gehen fließend ineinander über, es fühlt sich an, als würde man durch die Epochen spazieren. Immer wieder blitzt aber die Gegenwart in Form von SecurityMitarbeitern auf. Sie patrouillieren über das gesamte Festgelände und kontrollieren an allen Eingängen die Besucher. Diese stört das nicht.
Auch Susanne Ostermann und Erika Kießling genießen das Ambiente und begutachten die Waren an einem Schmuckstand. Sie hat auch das schöne Wetter angelockt, bei dem man sich von den akrobatischen Darbietungen verzaubern lassen kann. Besonders sehenswert fanden sie die Turner und die Seilakrobatik des TSV Inningen. Auch die Hexe Roxana und ihre Feuershow hat den beiden gefallen. Sie waren ebenfalls schon häufiger wegen diesem Ambiente auf dem historischen Fest. Die neue Ausrichtung der Veranstaltung und das gute Essen ist für sie ein klarer Grund, das Fest zu besuchen.
In der letzte Zone – kulturelle Begegnung – findet man zwischen den verschiedenen Spielen viele Kunstund Schmuckstände, die Stücke aus den verschiedenen Kulturen des Mittelalters anbieten. So kann man auch ein kleines Souvenir aus dem Mittelalter mit nach Hause ins Jahr 2016 nehmen.