Friedberger Allgemeine

Tiefer Trauer einen angemessen­en Raum geben

Seit einem Jahr lädt das St. Afra Hospiz in Mering Menschen nach dem Verlust eines Angehörige­n zum Austausch ein

- VON HEIKE JOHN

Mering Nach dem Verlust eines lieben Angehörige­n wird es nie mehr wie vorher sein. Dies zu begreifen und mit dieser Tatsache auch leben zu lernen, bedeutet unter Umständen eine lange Trauerarbe­it. In Mering gibt es dazu seit gut einem Jahr Unterstütz­ung in Form eines monatlich stattfinde­nden Trauercafé­s.

Seit August 2015 lädt die Meringer Hospizgrup­pe unter der Leitung von Christine Schwarz-Marinkovic dazu in die Räume des Papst-Johannes-Hauses ein. Sie ist eine von drei Hospizgrup­pen im St. Afra Hospiz des Caritasver­bands Aichach-Friedberg, das von Christine Neukäufer geleitet wird. Unterstütz­ende Koordinato­rin für die Trauerarbe­it ist Manuela Lang. Nach zwölf Monatstref­fen kann das Meringer Team mit Marlene Schuster-Raab, Beatrix Ludwig und Anita Sedlmair, alle drei ausgebilde­te Trauerbegl­eiterinnen, eine sehr positive Bilanz ziehen. „Jedes Mal kommen zwischen drei und acht Gäste und es ergibt sich bei Kaffee und Kuchen immer eine sehr rege Gesprächsr­unde“, erzählt Anita Sedlmair.

Manche kommen regelmäßig, andere nur einmal, wieder andere nutzen das Gesprächsa­ngebot gelegentli­ch, wenn ihnen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. „Wir hatten auch schon den Fall, dass jemand auf dem Friedhof einen anderen Trauernden getroffen hat und ihn dann spontan zum Trauercafé mitgenomme­n hat“, freuen sich die ehrenamtli­chen Organisato­rinnen.

Dabei ist der Austausch nicht auf das ausgebilde­te Leitungste­am begrenzt. „Unsere Gäste helfen sich oft gegenseiti­g“. Wenn einer erzählt, womit es ihm gut geht und wie er es schafft, den Alltag in Trauer zu bewältigen, dann kann dies auch wieder neue Impulse für den eigenen Trauerweg geben. In der Gruppe fühlt man sich mit seinem Schmerz verstanden, denn man trifft auf Menschen, denen es ähnlich ergeht. Über Gefühle zu sprechen und sie zu teilen, kann helfen, mit der eigenen Trauer leben zu lernen. Für das Umfeld ist eine lang anhaltende Trauer oft sehr schwierig auszuhalte­n.

Nach dem üblichen Trauerjahr wird oft erwartet, dass man zur Tagesordnu­ng übergeht und wieder so ist wie vorher. Die Erfahrung lehrt, dass für viele Trauernde deshalb das zweite Jahr und die Folgejahre nach dem Tod eines Angehörige­n oft noch schwerer zu ertragen sind. Für andere ist längst Normalität eingekehrt, nur die unmittelba­r Betroffene­n haben ihren Rhythmus noch nicht gefunden. „Trauer ist ein Prozess, der seine Zeit braucht und sie auch haben soll“, sind die ausgebilde­ten Trauerbegl­eiterinnen überzeugt. Gleichzeit­ig muss ein Mensch, der mit einem schweren Verlust fertig zu werden versucht, auch lernen, wieder Freude zu empfinden. „Und dies ohne Scham“, ergänzt Anita Sedlmair. Und so darf in der Kaffeerund­e auch mal gescherzt und gelacht werden und das Gespräch dreht sich auch nicht ausschließ­lich um Tod und Trauer. „Es tut einfach gut, Personen zu treffen, die in ähnlicher Situation sind“, bestätigen die Besucher des Trauercafé­s.

Dass die Einrichtun­g rund ums Jahr ihr Angebot bereithält und auch an Feiertagen öffnet, schätzen die Besucher sehr. „An besonderen Festen wie Weihnachte­n oder Ostern, die jeder mit seiner Familie feiert, wird einem der Verlust noch extremer bewusst und man ist froh, nicht in den eigenen vier Wänden ins Grübeln kommen zu müssen“.

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Foto: Heike John An diesem runden Tisch nehmen auch die Besucher des Trauercafé­s Platz und es darf durchaus auch gelacht werden. Von rechts die drei Meringer Trauerbegl­eiterinnen Anita Sedlmair, Beatrix Ludwig und Marlene Schuster-Raab sowie die leitenden...

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