Runter mit den Baukosten
Auch in der Immobilienbranche setzt man verstärkt auf digitalisierte Prozesse. Doch es gibt auch Zweifler, die an konventionellen Arbeitsweisen festhalten.
Nachdem die Mietpreisbremse und andere regulatorische Maßnahmen keine besonderen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt hatten, schauen politische Parteien, Fraktionen und Regierungen nach anderen Wegen, um die Miet- und Kaufpreise im Zaum zu halten. Studien, die sich mit sogenannten Kostentreibern beschäftigten, haben den Fokus umgelenkt, nämlich von den Symptomen zu den Ursachen des Preisanstiegs im Wohnungsbau.
Der BFW Bayern hat in seiner Studie „Kostentreiber in bayerischen Kommunen“dieses Problem auf kommunaler Ebene betrachtet. Mit der Studie wollte man alle Beteiligten für die kostentreibenden Faktoren im Wohnungsbau sensibilisieren und Handlungsmöglichkeiten zu deren Reduzierung beziehungsweise Kostensenkung erkenntlich machen. Die befragten Bauträger sahen das Hauptproblem in der Zeitverzögerung bei der Baurechtschaffung.
Durch Building Information Modelling (BIM) erhoffen sich bereits einige, durch digitale Prozesse die Zeitlänge des Bauens im Griff zu halten. Ziel müsse es sein schneller zu bauen, hört man bei nahezu allen Akteuren. Denn die Angst vor Verdrängungseffekten, wenn Menschen aufgrund des höheren Zuzugs auf den Immobilienmarkt kommen, heizt nämlich nur die Debatten an, die bereits seit Monaten gesellschaftliche Gräben öffnen und schlagen. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es von enormer Bedeutung, dass das Thema „schneller Bauen“auf den Tisch kommt.
Die Digitalisierung wird in allen Prozessen eine tief greifende Rolle spielen. Transformationsprozesse werden nicht nur beschleunigt, die Anforderungen an das Quartier, insbesondere an den gewerblichen Bereich werden sich ändern. Die Digitalisierung beginnt aber nicht erst, wenn die Leitungen zum Gebäude gelegt werden. Sie kann bereits in der Wertschöpfungskette – mit der Idee des Gebäudes – beginnen. Manche Unternehmen nehmen diese Chance schon wahr und verbessern hierdurch ihre Planungsergebnisse. Durch BIM-Modelle modellieren sie ihren Bau- und Schaffungsprozess digital und erkennen frühzeitig die wichtigen Schnittstellen und Hürden. Während die Befürworter der Digitalisierung in der Bauprojektabwicklung von Einsparungspotenzialen bis zu 30 Prozent sprechen, stehen viele Unternehmen der Entwicklung aber eher skeptisch entgegen.
Digitale Methoden ermöglichen es, die komplette Wertschöpfungs- und den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie digital abzubilden. Das ist ein klarer Vorteil von BIM-Methoden. Skeptiker sehen diese aber noch nicht als praxistauglich an: Einerseits, da beispielsweise der handwerkliche Mittelstand noch nicht dafür ausgerüstet ist, andererseits machen der Datenschutz und die Datensicherheit Sorge. BIM sei zwar schön, aber alle Beteiligten müssten damit umgehen können.
Fachwissen fördern
Die Digitalisierung und die digitale Bauprojektentwicklung erfordern Wissen und neue Fähigkeiten der Mitarbeiter, so beispielsweise die Fähigkeit mit den Datenmengen umzugehen. Die Aus- und Weiterbildung muss sich demnach anpassen. Und es muss besser erklärt werden, welche Vorteile und Ziele BIM mit sich bringt.
Ein zentrales Problem wird die Datensicherheit darstellen. Elemente wie Hardware, Software, Datenaustausch und -speicherung müssen ausreichend konfiguriert sein, ständig überwacht und angepasst werden, um mit den sich entwickelnden Projekt-Parametern und Software-/HardwareStandards mitzuhalten. Es dürfen keine Datenlücken entstehen und die Sicherung der Daten muss erfüllt sein.
Die echten Vorteile bringen BIM laut den Befürwortern insbesondere bei der Fehlervermeidung. Bauen sei oftmals mit schwer kalkulierbaren Risiken verbunden. Das wird vor allem bei spektakulären Großprojekten in der Öffentlichkeit sichtbar. Bei derartigen Projekten kann BIM nützlich sein, um die Schnittstellen schneller und einfacher zu koordinieren. Aber auch „normale“Bauvorhaben bergen Risiken, die mit konventionellen Methoden oft nur schwer in den Griff zu bekommen sind. Durch die Möglichkeit auf Basis von Modellen zu arbeiten, könnten Konfliktpotenziale und Probleme vermieden werden, bevor sie auf der Baustelle zu Verzögerungen und Umplanungen führen.
Man muss sich für die Zukunft fragen, welche Anforderungen an die Fachkräfte gestellt werden: Wie viel Kenntnisse müssen im Bereich der Digitalisierung mitgebracht werden, wie sollen die Lehrpläne an Schulen, Hochschulen und Universitäten geändert werden und welche konventionellen Fähigkeiten dürfen derweil nicht vernachlässigt werden? Ein Schaffender wird mehr und mehr digitalisiert zu arbeiten haben, sollte dies aber auch mit Stift und Papier können. Denn man muss beachten, dass die Baukultur nicht nur aus dem Bau, sondern auch aus der Kultur besteht. Die Umsetzung der kreativen Arbeit sollte auch in Zukunft noch kreativ sein und nicht durch schnelkette leres und modulares Bauen oder durch digitalisierte Einheitlichkeit ersetzt werden. Laut BIM wäre beispielsweise auch nicht der Bau des Olympia-Stadions in München rentabel gewesen – der digitalisierte Kopf hätte solch ein Projekt verworfen. Eine verbindliche Einführung von BIM ist daher bisher nicht zielführend. Aber da man nicht nur Muskelkraft zum Bauen braucht, sondern auch menschliche Intelligenz und Hilfsmittel, kann und ist BIM auf dem Weg ein gutes Hilfsmittel zu werden. Die frühe Auseinandersetzung mit dem Thema BIM ist daher wichtig, hilfreich und kann bei der Verwendung in bestimmten Fällen die Baukosten senken.