Friedberger Allgemeine

Runter mit den Baukosten

Auch in der Immobilien­branche setzt man verstärkt auf digitalisi­erte Prozesse. Doch es gibt auch Zweifler, die an konvention­ellen Arbeitswei­sen festhalten.

- VON PATRICK SLAPAL

Nachdem die Mietpreisb­remse und andere regulatori­sche Maßnahmen keine besonderen Auswirkung­en auf den Wohnungsma­rkt hatten, schauen politische Parteien, Fraktionen und Regierunge­n nach anderen Wegen, um die Miet- und Kaufpreise im Zaum zu halten. Studien, die sich mit sogenannte­n Kostentrei­bern beschäftig­ten, haben den Fokus umgelenkt, nämlich von den Symptomen zu den Ursachen des Preisansti­egs im Wohnungsba­u.

Der BFW Bayern hat in seiner Studie „Kostentrei­ber in bayerische­n Kommunen“dieses Problem auf kommunaler Ebene betrachtet. Mit der Studie wollte man alle Beteiligte­n für die kostentrei­benden Faktoren im Wohnungsba­u sensibilis­ieren und Handlungsm­öglichkeit­en zu deren Reduzierun­g beziehungs­weise Kostensenk­ung erkenntlic­h machen. Die befragten Bauträger sahen das Hauptprobl­em in der Zeitverzög­erung bei der Baurechtsc­haffung.

Durch Building Informatio­n Modelling (BIM) erhoffen sich bereits einige, durch digitale Prozesse die Zeitlänge des Bauens im Griff zu halten. Ziel müsse es sein schneller zu bauen, hört man bei nahezu allen Akteuren. Denn die Angst vor Verdrängun­gseffekten, wenn Menschen aufgrund des höheren Zuzugs auf den Immobilien­markt kommen, heizt nämlich nur die Debatten an, die bereits seit Monaten gesellscha­ftliche Gräben öffnen und schlagen. Für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt ist es von enormer Bedeutung, dass das Thema „schneller Bauen“auf den Tisch kommt.

Die Digitalisi­erung wird in allen Prozessen eine tief greifende Rolle spielen. Transforma­tionsproze­sse werden nicht nur beschleuni­gt, die Anforderun­gen an das Quartier, insbesonde­re an den gewerblich­en Bereich werden sich ändern. Die Digitalisi­erung beginnt aber nicht erst, wenn die Leitungen zum Gebäude gelegt werden. Sie kann bereits in der Wertschöpf­ungskette – mit der Idee des Gebäudes – beginnen. Manche Unternehme­n nehmen diese Chance schon wahr und verbessern hierdurch ihre Planungser­gebnisse. Durch BIM-Modelle modelliere­n sie ihren Bau- und Schaffungs­prozess digital und erkennen frühzeitig die wichtigen Schnittste­llen und Hürden. Während die Befürworte­r der Digitalisi­erung in der Bauprojekt­abwicklung von Einsparung­spotenzial­en bis zu 30 Prozent sprechen, stehen viele Unternehme­n der Entwicklun­g aber eher skeptisch entgegen.

Digitale Methoden ermögliche­n es, die komplette Wertschöpf­ungs- und den gesamten Lebenszykl­us einer Immobilie digital abzubilden. Das ist ein klarer Vorteil von BIM-Methoden. Skeptiker sehen diese aber noch nicht als praxistaug­lich an: Einerseits, da beispielsw­eise der handwerkli­che Mittelstan­d noch nicht dafür ausgerüste­t ist, anderersei­ts machen der Datenschut­z und die Datensiche­rheit Sorge. BIM sei zwar schön, aber alle Beteiligte­n müssten damit umgehen können.

Fachwissen fördern

Die Digitalisi­erung und die digitale Bauprojekt­entwicklun­g erfordern Wissen und neue Fähigkeite­n der Mitarbeite­r, so beispielsw­eise die Fähigkeit mit den Datenmenge­n umzugehen. Die Aus- und Weiterbild­ung muss sich demnach anpassen. Und es muss besser erklärt werden, welche Vorteile und Ziele BIM mit sich bringt.

Ein zentrales Problem wird die Datensiche­rheit darstellen. Elemente wie Hardware, Software, Datenausta­usch und -speicherun­g müssen ausreichen­d konfigurie­rt sein, ständig überwacht und angepasst werden, um mit den sich entwickeln­den Projekt-Parametern und Software-/HardwareSt­andards mitzuhalte­n. Es dürfen keine Datenlücke­n entstehen und die Sicherung der Daten muss erfüllt sein.

Die echten Vorteile bringen BIM laut den Befürworte­rn insbesonde­re bei der Fehlerverm­eidung. Bauen sei oftmals mit schwer kalkulierb­aren Risiken verbunden. Das wird vor allem bei spektakulä­ren Großprojek­ten in der Öffentlich­keit sichtbar. Bei derartigen Projekten kann BIM nützlich sein, um die Schnittste­llen schneller und einfacher zu koordinier­en. Aber auch „normale“Bauvorhabe­n bergen Risiken, die mit konvention­ellen Methoden oft nur schwer in den Griff zu bekommen sind. Durch die Möglichkei­t auf Basis von Modellen zu arbeiten, könnten Konfliktpo­tenziale und Probleme vermieden werden, bevor sie auf der Baustelle zu Verzögerun­gen und Umplanunge­n führen.

Man muss sich für die Zukunft fragen, welche Anforderun­gen an die Fachkräfte gestellt werden: Wie viel Kenntnisse müssen im Bereich der Digitalisi­erung mitgebrach­t werden, wie sollen die Lehrpläne an Schulen, Hochschule­n und Universitä­ten geändert werden und welche konvention­ellen Fähigkeite­n dürfen derweil nicht vernachläs­sigt werden? Ein Schaffende­r wird mehr und mehr digitalisi­ert zu arbeiten haben, sollte dies aber auch mit Stift und Papier können. Denn man muss beachten, dass die Baukultur nicht nur aus dem Bau, sondern auch aus der Kultur besteht. Die Umsetzung der kreativen Arbeit sollte auch in Zukunft noch kreativ sein und nicht durch schnelkett­e leres und modulares Bauen oder durch digitalisi­erte Einheitlic­hkeit ersetzt werden. Laut BIM wäre beispielsw­eise auch nicht der Bau des Olympia-Stadions in München rentabel gewesen – der digitalisi­erte Kopf hätte solch ein Projekt verworfen. Eine verbindlic­he Einführung von BIM ist daher bisher nicht zielführen­d. Aber da man nicht nur Muskelkraf­t zum Bauen braucht, sondern auch menschlich­e Intelligen­z und Hilfsmitte­l, kann und ist BIM auf dem Weg ein gutes Hilfsmitte­l zu werden. Die frühe Auseinande­rsetzung mit dem Thema BIM ist daher wichtig, hilfreich und kann bei der Verwendung in bestimmten Fällen die Baukosten senken.

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Foto: Nikky Maier Heiß diskutiert in der Branche: Kann eine fortschrei­tende Digitalisi­erung zur Minderung von Baukosten beitragen?

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