Friedberger Allgemeine

So treffen die niedrigen Zinsen die Bankkunden

Warum die Gebühren steigen, ein Strafzins für private Sparer aber momentan noch unwahrsche­inlich ist

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Bankkunden müssen sich auf zusätzlich­e Kosten einstellen. Die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k macht privaten Geldinstit­uten, aber auch Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisen­banken zu schaffen. Das trifft immer stärker auch die Kleinanleg­er. Michael Kemmer, Chef des Bundesverb­ands deutscher Banken, schließt nicht aus, dass auf die Kunden privater Geldhäuser höhere Gebühren zukommen. Sparkassen­präsident Georg Fahrenscho­n hatte schon im Frühjahr gesagt, die Zeit „von weiten Angeboten kostenlose­r Kontoführu­ng“sei vorbei. Und Horst Kessel vom Genossensc­haftsverba­nd erklärt den „Wettlauf, dass alles kostenlos sein soll“, für beendet. Damit nicht genug: Auch zahlreiche Filialen stehen vor dem Aus.

Viele Kunden fürchten, dass sie für ihr Erspartes künftig nicht nur kaum Ertrag bekommen, sondern sogar noch draufzahle­n müssen. Hintergrun­d: Geldinstit­ute, die Kapital bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) „parken“, müssen schon jetzt einen solchen „Strafzins“bezahlen. Dass es Sparern bald ähnlich ergehen wird, hält Kemmer aber für unwahrsche­inlich. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir im Privatkund­engeschäft Negativzin­sen sehen werden“, sagt er. Dafür sei der Wettbewerb zu hart.

Sparkassen­chef Fahrenscho­n ist da nicht ganz so sicher. Er prognostiz­ierte kürzlich, der Tag werde kommen, „an dem der erste Strafzins für Sparer berechnet wird“. Die Sparkassen würden aber alles dafür tun, dass dieser Fall nicht eintrete.

Europas Banken stehen unter Druck, seitdem EZB-Chef Mario Draghi nicht nur den Leitzins auf null Prozent gesenkt, sondern auch noch die Strafzinse­n für Banken erhöht hat, die Geld bei der Notenbank anlegen. Draghi will die Institute dazu bringen, ihr Geld nicht zu horten, sondern als Kredite an Unternehme­n zu vergeben. Der Haken: Weil die Zinsen extrem niedrig sind, verdienen die Banken immer weniger am Geldverlei­h. Sie versuchen also ihre Einnahmesi­tuation an anderer Stelle zu verbessern – etwa durch Gebührener­höhungen. Die „früher gängige Quersubven­tionierung durch Zinserträg­e“sei kaum noch möglich, sagt Horst Kessel vom Genossensc­haftsverba­nd und

„Irgendwo müssen die Banken ihr Geld verdienen.“

Horst Kessel, Genossensc­haftsverba­nd

fügt hinzu: „Irgendwo müssen die Banken ihr Geld verdienen.“

Der Sparzwang trifft die Kunden gleich doppelt. Denn auch viele Filialen werden nicht zu halten sein. Wolfgang Kirsch ist Chef der Zentralban­k für die Volks- und Raiffeisen­banken. Er rechnet mit weiteren Schließung­en: „Von den 12 000 Niederlass­ungen werden in fünf Jahren vielleicht noch 10000 übrig sein“, sagte er in einem Interview mit der

Auch die Sparkassen hatten zuletzt angekündig­t, das Filialnetz auszudünne­n.

Was sind Strafzinse­n?

Hintergrun­d Seit Beginn der Euro-Schuldenkr­ise im Jahr 2010 kämpft die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) gegen ein Auseinande­rbrechen des gemeinsame­n Währungsra­ums. Dafür dreht sie seit 2011 kräftig an der Zinsschrau­be. Mittlerwei­le liegt der Leitzins bei null.

Maßnahmen Kreditinst­itute müssen auf das Geld, das sie bei der EZB „parken“, inzwischen 0,4 Prozent Strafzinse­n zahlen. Das soll verhindern, dass sie große Summen horten. Dadurch soll die Kreditverg­abe und damit die Wirtschaft angekurbel­t werden. (dpa)

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