Im Busverkehr darf kein Monopol entstehen
Die Politik hat den Markt erst vor wenigen Jahren freigegeben. Jetzt droht die Firma Flixbus die günstige Alternative zur Bahn allein an sich zu reißen
VON MICHAEL KERLER
Eine frische, interessante, neue Art zu reisen ist in den vergangenen Jahren entstanden. Und vor allem eine konkurrenzlos günstige. Wer klug bucht, den bringt der Fernbus für rund zwanzig Euro von München nach Berlin, auch Städte in unserer Region wie Augsburg oder Kempten sind angebunden. Fernbusse locken ein junges Publikum an, aber auch preisbewusste Erwachsene. Sie sind eine Alternative zur Bahn mit ihren teils hohen Ticketpreisen. Doch mit den billigen Fahrscheinen könnte es bald vorbei sein. Denn ein Anbieter macht sich auf, zum Monopolisten zu werden.
Das Unternehmen Flixbus will die Fernbus-Linien der Deutschen Post übernehmen. Diese Entscheidung der vergangenen Woche darf Fahrgäste nicht kalt lassen. Sie gefährdet nämlich einen großen Fortschritt im Fernverkehr der vergangenen Jahre.
Mit 71 Prozent Anteil am Fernbusmarkt ist Flixbus bereits heute übermächtig. Kommen die PostbusLinien dazu, schwillt das Unternehmen mit über 80 Prozent endgültig zum Fernbus-Riesen an. Die restlichen Anbieter sind dagegen Zwerge. Ein neues Monopol aber verheißt nichts Gutes. Deshalb lohnt es sich, einen genauen Blick auf Flixbus zu werfen.
Den grünen Bussen des Unternehmens ist schon mancher Autofahrer auf der Autobahn begegnet. Flixbus sitzt in München und schickte 2013 den ersten Bus auf Fahrt. Doch die Aura eines mutigen, wilden Start-ups täuscht längst. Hinter Flixbus steht eine Gruppe mächtiger Investoren, darunter der Investment-Fonds General Atlantic mit Hauptsitz in New York. Das Unternehmen investiert in zahlreiche andere Firmen aus der Internetwelt, darunter den bekannten Betten-Vermittler Airbnb. Wer derart viel Kapital im Rücken hat, kann am Markt aggressiv auftreten. Kürzlich erst hat das Fernbusunternehmen Flixbus viele Linien eines schottischen Konkurrenten übernommen. Zudem strebt es nach Frankreich. Jetzt die Übernahme der deutschen Postbusse. Die Botschaft ist klar: Hier will jemand Marktführer werden. Dafür nahm das Unternehmen bisher auch rote Zahlen in Kauf.
Welche Folgen die meisten Monopole aber für die Bürger haben, ist bekannt – höhere Preise, schlechteres Angebot. Verbraucherschützer warnen im aktuellen Fall zu Recht, dass fehlender Wettbewerb und große Marktmacht am Ende schlecht für die Verbraucher sind.
Im Flixbus-Fall ist das besonders tragisch, da die frühere schwarzgelbe Bundesregierung 2013 den Fernbusmarkt erst geschaffen hat. Davor hatte die Bahn allein das Sagen im Fernverkehr. Erhält man heute manches Bahn-Ticket zum Schnäppchenpreis, liegt dies auch an der neuen Fernbus-Konkurrenz. Diese bleibt in Zukunft zwar bestehen, wird aber erheblich geschwächt, wenn es nur noch einen Fernbus-Monopolisten gibt anstelle vieler wendiger, kleiner Busunternehmen.
Als Ritter an der Seite der Verbraucher könnte das Kartellamt einschreiten. Doch diesem sind in der Postbus-Übernahme aufgrund zu starrer Regeln die Hände gebunden. Die Wettbewerbswächter werden nur aktiv, wenn ein Konzern auf über 500 Millionen Euro Umsatz kommt. Das Kartellamt darf sich deshalb mit Tengelmann und Edeka beschäftigten, nicht aber mit den Fernbussen. In Deutschland droht nun ein Rückschlag in der Verkehrspolitik. Die neue Vielfalt im Fernverkehr, sie könnte schon wieder verloren gehen.
Die bestehenden Regeln des Kartellamts scheinen für umtriebige neue Branchen, wie sie heute durch die Digitalisierung entstehen, nicht mehr angemessen zu sein. Das Kartellrecht muss modernisiert werden.
Es droht ein Rückschlag in der Verkehrspolitik