Friedberger Allgemeine

Der Terror kehrt nach Belgien zurück

Nur vier Monate nach den Anschlägen auf Brüssel hat ein Mann in Charleroi zwei Polizistin­nen schwer verletzt. Der Islamische Staat nennt den Täter seinen „Soldaten“

- VON MIRJAM MOLL

Brüssel In seinem letzten Eintrag auf Twitter hatte der belgische Premier Charles Michel gerade erst das Attentat auf einen Priester in der Nähe des französisc­hen Rouen verurteilt. Nun ist der Terror einmal mehr in sein eigenes Land zurückgeke­hrt. „Das scheint ein neuerliche­r Anschlag mit terroristi­schem Zusammenha­ng zu sein“, sagte der Regierungs­chef bereits am Samstagabe­nd im belgischen Fernsehen. Tatsächlic­h bekannte sich die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) zu der brutalen Attacke auf zwei Polizistin­nen. Der Mann sei einer ihrer „Soldaten“gewesen, teilte die Terrormili­z über das IS-Sprachrohr am Sonntag mit.

Zuvor hatte die Schreckens­nachricht Wellen geschlagen: Die Polizistin­nen waren in unmittelba­rer Nähe zu ihrer Dienststel­le in Charleroi, einem 200 000-EinwohnerS­tädtchen circa 50 Kilometer von Brüssel, von einem Mann mit einer Machete angegriffe­n worden. Eine der beiden Beamtinnen erlitt dabei „schwere Verletzung­en“im Gesicht, „das von mehreren kräftigen Machetenhi­eben“getroffen wurde, erklärte Polizeispr­echer David Quinaux. Die Frau wurde ins örtliche Notre-Dame-Krankenhau­s gebracht. Auch ihre Kollegin erlitt Verletzung­en. Beide seien wegen ihrer Operatione­n in ein künstliche­s Koma versetzt worden, berichten belgische Medien.

Der Angreifer wurde von einem dritten Beamten niedergesc­hossen. Zunächst hieß es, er sei am Leben. Der 33-Jährige wurde mit Verletzung­en an der Brust ins Krankenhau­s gebracht. Noch am Samstagabe­nd erlag er dort jedoch den Folgen seiner Schusswund­e. Ob der Angreifer vorhatte, in die Polizeidie­nststelle einzudring­en, ist nicht bekannt. Dort zeigt man sich schwer getroffen von dem Anschlag auf die Beamtinnen, die beide mehr als 15 Jahre Erfahrung in ihrem Beruf hatten: „Wir sind 905 Polizisten hier und wie eine große Familie. Wenn wir angegriffe­n werden, sind wir alle davon berührt“, erklärte der Polizeispr­echer. Via Twitter hatte die Polizei am Samstag mitgeteilt, dass der Angreifer kurz vor seiner Attacke „Allahu Akbar“– Gott ist groß – gerufen habe. Später wurde bekannt, dass der Mann offenbar aus Algerien stammte und sich illegal in Belgien aufgehalte­n haben soll. Bei der Tat trug er nach Angaben der Polizei weder Papiere noch ein Mobiltelef­on bei sich. Die Staatsanwa­ltschaft begann noch am Samstag mit ihren Ermittlung­en.

Michel unterbrach seinen Urlaub und berief am Sonntag eine neuerliche Krisensitz­ung ein, um sich zu beraten. Der Premiermin­ister sagte, die Terrorwarn­stufe im Land bleibe zunächst unveränder­t auf 3, der zweithöchs­ten von insgesamt 4 Stufen. Allerdings würden zusätzlich­e Sicherheit­smaßnahmen zum Schutz der Polizeikrä­fte eingeleite­t. In der Vergangenh­eit haben islamistis­che Terroriste­n von Belgien aus auch in Frankreich zugeschlag­en. Einer der Attentäter der Anschläge in Paris vom Januar 2015 auf das Satiremaga­zin und einen koscheren Supermarkt hatte Verbindung­en nach Charleroi.

Auch der getötete mutmaßlich­e Drahtziehe­r der Pariser Attentate vom November 2015 mit 130 Todesopfer­n kam aus Belgien. Im März sprengten sich drei Selbstmord­attentäter auf dem Flughafen von Brüssel und in einer Metrostati­on in die Luft und rissen mehr als 30 Menschen in den Tod. In Lüttich wurde am Sonntag ein Mann festgenomm­en, der in der ostbelgisc­hen Stadt eine Machete schwang. Es handele sich um einen etwa 20-Jährigen, meldete die Agentur

Die Belastung für Polizeibea­mte ist seit den Brüsseler Anschlägen im März immens gestiegen – Patrouille­n wurden deutlich verstärkt, Sondereins­ätze und Razzien gibt es fast wöchentlic­h in einem der Hauptstadt­bezirke. Denn noch immer sind die Behörden auf der Suche nach den Helfern der Attentäter – und einem der mutmaßlich­en Mittäter, dessen Bombe am Flughafen nicht zündete.

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Foto: imago Wieder Straßenspe­rren in Belgien: Nach einer Attacke auf Polizistin­nen wird der Tatort in der Stadt Charleroi abgesperrt.

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