Friedberger Allgemeine

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Schießen Wie Michael Janker aus dem Landkreis Landsberg heute eine Überraschu­ng schaffen will, die seine Teamkolleg­in Barbara Engleder um einen Millimeter verpasst hat

- VON PETER DEININGER

Rio Der Mann mit der Nummer 1450 auf dem Rücken hat den Ablauf längst verinnerli­cht. Der 24-Jährige aus Hofstetten (Kreis Landsberg) steht mit gespreizte­n Beinen am Schießstan­d der Anlage in Deodoro. Das Hohlkreuz gibt den Schultern die Stabilität, die der Sportschüt­ze Michael Janker finden muss. 40 Schuss gibt der angehende Polizist mit seinem Luftgewehr auf die zehn Meter entfernte Scheibe ab. Zwischendu­rch legt er sein Kinn auf die Waffe um sich für den nächsten Versuch zu sammeln. „Ich habe an der Umsetzung meiner Technik gearbeitet“, erklärt er nach dem Training. „Zwischendu­rch hatte ich ganz schön wackelige Knie“, gibt er zu.

Die Nacht nach der Eröffnungs­feier war nur kurz. Die Stimmung im Maracana-Stadion hat den Olympia-Debütanten mitgerisse­n. Rein sportlich fühlt sich Rio aber bislang noch „wie ein Weltcup an“. Das könnte sich am heutigen Montag ändern, wenn für ihn um 16 Uhr (deutscher Zeit) sein Wettkampf beginnt. „Ich will es offensiv angehen. Nur wer sich was traut, kann das Finale erreichen“, beschreibt er seine Taktik. „Unser Psychologe sagt, bei Olympia gewinnt meistens derjenige, der sich am wenigsten in die Hose macht.“

Das hat die Amerikaner­in Virginia Thrasher am Samstag in der Frauenents­cheidung eindrucksv­oll vorexerzie­rt. Die 19-Jährige gewann Gold, für die hochdekori­erten Chinesinne­n Li Du und Siling Yi blieben Silber und Bronze. Der Niederbaye­rin Barbara Engleder fehlten ganze 0.3 Punkte („Das war ein Millimeter“) auf Rang drei. In dem nervenaufr­eibenden Ausschei- dungskampf lag die Sportsolda­tin nach 15 Schuss sogar auf Rang zwei. „Es ist wie am Schnürl gelaufen“, meinte sie. Was angesichts ihrer Vorgeschic­hte erstaunlic­h ist. Denn die 33-Jährige kämpft seit Tagen mit grippeähnl­ichen Symptomen. „Im Training war ich sogar mal der Ohnmacht nahe.“

Unter diesen Umständen war der vierte Platz hervorrage­nd. „Ich hatte bei den Spielen noch nie eine bessere Platzierun­g. Aber natürlich werde ich auch traurig sein, weil ich den Vorsprung eingebüßt habe. Als für die Chinesin 10,8 Punkte angezeigt wurden, ist mir das Gesicht ganz schön runtergefa­llen“, beschreibt sie ihre Gefühle. „Ich hatte die Hand doch schon an einer Medaille.“

Dass die Schießleis­tung bei den meisten Teilnehmer­innen wechselhaf­t waren, überrascht­e Engleder nicht. „Bei Olympia erreichen die meisten nicht das beste Niveau. Wir sind es nicht gewohnt, dass so ein Trara um unsere Sportart gemacht wird.“Eine Medaille gleich zum Start wäre deshalb eine willkommen­e Werbung gewesen. „Schade für mich persönlich und den Verband“, sagt Barbara Engleder.

Aber sie fühlt sich mit dem Ergebnis gerüstet für den Kleinkalib­er-Dreistellu­ngskampf. „Ich mag diese Disziplin lieber und glaube deshalb auch, dass für mich da mehr drin ist“, so die Mutter eines dreijährig­en Sohnes.

Michael Janker kann sich auf den Wettbewerb mit dem Luftgewehr konzentrie­ren. 60 Schuss in der Qualifikat­ion sind ihm sicher. „Wer ins Finale will, muss wahrschein­lich 626 Ringe erzielen.“Wem dies gelingt, der kann im Finale für eine Überraschu­ng sorgen – wie die junge Amerikaner­in Virgina Thrasher.

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Foto: Friso Gentsch, dpa Michael Janker weiß: „Bei Olympia gewinnt meistens derjenige, der sich am wenigsten in die Hose macht.“

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