Rio läuft nur so am Rande
Olympia Was die Friedberger Stadtschützenkönigin Johanna Weigl so von den Spielen in Brasilien hält und welche Ziele sie sich noch gesetzt hat
Friedberg Schwer hängt die silberne Schützenkette um den Hals von Johanna Weigl. Doch die zierliche 17-Jährige trägt die Kette mit den vielen Münzen und Namenschildchen auch mit einem gewissen Stolz zu ihrem weiß-blauen Dirndl. Schließlich ist es ja nicht irgendeine Kette, sondern das Prachtstück schmückt die aktuelle Stadtschützenkönigin der Stadt Friedberg.
„Das ist bislang mein größter Erfolg“, erzählt die Schülerin der FOS Friedberg, die später einmal Physiotherapeutin werden möchte. Bei den Friedberger Stadtmeisterschaften schoss sie das beste Blattl, einen 16,7-Teiler, das heißt, sie traf die Zehnerscheibe 16 Tausendstelmillimeter vom absoluten Mittelpunkt entfernt. Dabei war ihr Probeversuch noch besser. „Beim Probeschuss hatte ich einen 1,8-Teiler – und der hat natürlich nicht gegolten. Da war ich ziemlich gefrustet“, gibt sie zu. Ein bisschen traurig war sie auch, dass sie bei der Siegerehrung der Friedberger Titelkämpfe nicht dabei sein konnte – denn da lag sie im Krankenhaus.
Dass die Schülerin überhaupt beim Schießen landete, verwundert nicht – ist doch die ganze Familie bei der Königlich Privilegierten Feuer- rohrschützengilde Friedberg vertreten. Oma Ruth Weigl war mehrfach Schützenkönigin, Onkel Norbert trug die Schützenkönigskette ebenfalls schon, Vater Klaus ist Schatzmeister im Verein und war Vizekönig. „Die Weigls sind eine Schützendynastie“, so Mutter Claudia. Mit zehn Jahren bekam Johanna Weigl eine Ausnahmegenehmigung, um mit dem Schießen anfangen zu dürfen. „Normal muss man mindestens zwölf sein“, erzählt sie.
Neben dem Schießen hatte es die Schülerin auch mit Rope-Skipping beim TSV Friedberg und Tanzen bei Dance and More versucht – doch schließlich kristallisierte sich Schießen als ihre Sportart heraus. „Ich habe eine bronchiale Überempfindlichkeit, also bin ich immer schnell außer Puste – und mit Bällen hab ich gar nichts am Hut“, erzählt sie und lacht dabei.
Beim Schießen seien Konzentration und eine ruhige Hand nötig, allerdings funktioniere das mit der Konzentration nur mit der nötigen Kondition – und da hapert es ein bisschen. „Ich geh meist nur einmal pro Woche ins Training“, gibt sie zu.
Bei den Olympischen Spielen gilt ihr Interesse schon dem Schießen, allerdings werde jetzt nicht der Wecker gestellt, um den einen oder anderen Wettkampf live anschauen zu können. „Ich denke, mein Vater wird ein bisschen was anschauen, und ich schau halt mit“, erklärt sie. Ansonsten laufen die Spiele nur „so nebenbei, denn ich bin nicht so überaus sportlich“, gibt die 17-Jährige zu. Und die Dopingdiskussion sowie die Begleitumstände in und um Rio hätten dazu beigetragen, dass das Interesse sich in Grenzen hält. „Ich denke, wer gedopt ist und war, sollte nicht an den Spielen teilnehmen dürfen“, so Johanna Weigl. Davon, dass mit Blutverdünnern auch beim Schießen gedopt wird, hat sie schon gehört – doch „bei uns kommt so was nicht vor, bei uns ist das Gesellschaftliche noch wichtiger als der sportliche Erfolg“.
Auch wenn also die Geselligkeit vor dem rein Sportlichen kommt, es gibt noch Ziele, die sich die 17-Jährige gesetzt hat. „Ich möchte gerne länger als fünf Minuten joggen können“, verrät sie lachend. Und auch wenn die Kette schwer um ihren Hals hängt, für ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger wird sie noch ein bisschen schwerer: Auch Johanna Weigl wird der Tradition folgen und eine Münze sowie ein Namenschild aus Silber daran anbringen lassen.