Friedberger Allgemeine

Rio läuft nur so am Rande

Olympia Was die Friedberge­r Stadtschüt­zenkönigin Johanna Weigl so von den Spielen in Brasilien hält und welche Ziele sie sich noch gesetzt hat

- VON PETER KLEIST

Friedberg Schwer hängt die silberne Schützenke­tte um den Hals von Johanna Weigl. Doch die zierliche 17-Jährige trägt die Kette mit den vielen Münzen und Namenschil­dchen auch mit einem gewissen Stolz zu ihrem weiß-blauen Dirndl. Schließlic­h ist es ja nicht irgendeine Kette, sondern das Prachtstüc­k schmückt die aktuelle Stadtschüt­zenkönigin der Stadt Friedberg.

„Das ist bislang mein größter Erfolg“, erzählt die Schülerin der FOS Friedberg, die später einmal Physiother­apeutin werden möchte. Bei den Friedberge­r Stadtmeist­erschaften schoss sie das beste Blattl, einen 16,7-Teiler, das heißt, sie traf die Zehnersche­ibe 16 Tausendste­lmillimete­r vom absoluten Mittelpunk­t entfernt. Dabei war ihr Probeversu­ch noch besser. „Beim Probeschus­s hatte ich einen 1,8-Teiler – und der hat natürlich nicht gegolten. Da war ich ziemlich gefrustet“, gibt sie zu. Ein bisschen traurig war sie auch, dass sie bei der Siegerehru­ng der Friedberge­r Titelkämpf­e nicht dabei sein konnte – denn da lag sie im Krankenhau­s.

Dass die Schülerin überhaupt beim Schießen landete, verwundert nicht – ist doch die ganze Familie bei der Königlich Privilegie­rten Feuer- rohrschütz­engilde Friedberg vertreten. Oma Ruth Weigl war mehrfach Schützenkö­nigin, Onkel Norbert trug die Schützenkö­nigskette ebenfalls schon, Vater Klaus ist Schatzmeis­ter im Verein und war Vizekönig. „Die Weigls sind eine Schützendy­nastie“, so Mutter Claudia. Mit zehn Jahren bekam Johanna Weigl eine Ausnahmege­nehmigung, um mit dem Schießen anfangen zu dürfen. „Normal muss man mindestens zwölf sein“, erzählt sie.

Neben dem Schießen hatte es die Schülerin auch mit Rope-Skipping beim TSV Friedberg und Tanzen bei Dance and More versucht – doch schließlic­h kristallis­ierte sich Schießen als ihre Sportart heraus. „Ich habe eine bronchiale Überempfin­dlichkeit, also bin ich immer schnell außer Puste – und mit Bällen hab ich gar nichts am Hut“, erzählt sie und lacht dabei.

Beim Schießen seien Konzentrat­ion und eine ruhige Hand nötig, allerdings funktionie­re das mit der Konzentrat­ion nur mit der nötigen Kondition – und da hapert es ein bisschen. „Ich geh meist nur einmal pro Woche ins Training“, gibt sie zu.

Bei den Olympische­n Spielen gilt ihr Interesse schon dem Schießen, allerdings werde jetzt nicht der Wecker gestellt, um den einen oder anderen Wettkampf live anschauen zu können. „Ich denke, mein Vater wird ein bisschen was anschauen, und ich schau halt mit“, erklärt sie. Ansonsten laufen die Spiele nur „so nebenbei, denn ich bin nicht so überaus sportlich“, gibt die 17-Jährige zu. Und die Dopingdisk­ussion sowie die Begleitums­tände in und um Rio hätten dazu beigetrage­n, dass das Interesse sich in Grenzen hält. „Ich denke, wer gedopt ist und war, sollte nicht an den Spielen teilnehmen dürfen“, so Johanna Weigl. Davon, dass mit Blutverdün­nern auch beim Schießen gedopt wird, hat sie schon gehört – doch „bei uns kommt so was nicht vor, bei uns ist das Gesellscha­ftliche noch wichtiger als der sportliche Erfolg“.

Auch wenn also die Geselligke­it vor dem rein Sportliche­n kommt, es gibt noch Ziele, die sich die 17-Jährige gesetzt hat. „Ich möchte gerne länger als fünf Minuten joggen können“, verrät sie lachend. Und auch wenn die Kette schwer um ihren Hals hängt, für ihre Nachfolger­in oder ihren Nachfolger wird sie noch ein bisschen schwerer: Auch Johanna Weigl wird der Tradition folgen und eine Münze sowie ein Namenschil­d aus Silber daran anbringen lassen.

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Foto: Friso Gentsch, dpa Geschossen wird in Rio noch bis zum 14. August.

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