Friedberger Allgemeine

Sein Name wurde zum Programm

Bei VW beeindruck­te Peter Hartz mit unkonventi­onellen Lösungen. Für die Deutschen wird er aber immer der Mann bleiben, der den Arbeitsmar­kt umkrempelt­e

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Die Zeiten, in denen Bedürftige entweder Arbeitslos­enhilfe oder Sozialhilf­e erhielten, sind längst Geschichte. Seit elf Jahren gibt es nur noch eine Leistung – das Arbeitslos­engeld II zur „Grundsiche­rung für erwerbsfäh­ige Leistungsb­erechtigte“, wie es offiziell heißt. Doch davon redet niemand. Alle kennen es unter einem anderen Namen: „Hartz IV“.

Peter Hartz war einst gefeierter Personalvo­rstand bei Volkswagen, bis er wegen der VW-Affäre 2005 zurücktret­en musste und später wegen Untreue sowie Begünstigu­ng von Betriebsrä­ten zu einer Bewährungs­und Geldstrafe verurteilt wurde. Er musste sich damit abfinden, dass sein Name bis heute vor allem für die tief greifenden Arbeitsmar­ktreformen der damaligen rotgrünen Bundesregi­erung steht – auch wenn er manchmal damit hadert. „Hartz IV, dieses den Menschen so verhasste Gesetz, ist unverrückb­ar mit meinem Namen verbunden“, klagte der Mann, der heute 75 Jahre alt wird, einmal.

Auch im Ruhestand ist er aktiv, so hat er eine Stiftung gegründet, die sich im Saarland darum kümmert, dass Arbeitslos­e wieder einen Job finden. Unveränder­t ist er davon überzeugt, dass das Problem der Langzeitar­beitslosig­keit mit den richtigen Instrument­en gelöst werden könnte.

Der im saarländis­chen St. Ingbert geborene Hartz stammt aus einfachen Verhältnis­sen, der Vater war Drahtziehe­r und Hüttenarbe­iter. Nach der mittleren Reife und einer Ausbildung zum Industriek­aufmann holte Peter Hartz das Abitur nach und studierte Betriebswi­rtschaft. In der freien Wirtschaft machte der rührige Manager rasch Karriere. Als Personalch­ef der Dillinger Hütte trat er für einen sozial verträglic­hen Abbau von Arbeitsplä­tzen ein. 1993 holte ihn VW-Chef Ferdinand Piëch als Personalch­ef und Sanierer nach Wolfsburg. Der Autobauer steckte ebenfalls in der Krise, die Arbeitskos­ten mussten gesenkt werden. Mit unkonventi­onellen Lösungen schrieb Hartz Geschichte, er führte die Vier-Tage-Woche mit entspreche­nder Lohnkürzun­g ein, sodass kein Beschäftig­ter entlassen werden musste. Stets arbeitete Hartz, Mitglied der SPD und der IG Metall, mit den Gewerkscha­ften und Betriebsrä­ten zusammen.

Wegen dieser Erfolge rief ihn Bundeskanz­ler Gerhard Schröder im Jahr 2002 an die Spitze einer Kommission, die Konzepte für eine grundlegen­de Arbeitsmar­ktreform erarbeiten sollte. Das Ergebnis waren vier Gesetze „für moderne Dienstleis­tungen am Arbeitsmar­kt“, unter anderem wurde die Bundesanst­alt für Arbeit reformiert und Minijobs eingeführt. Gleichwohl warf er der Politik immer wieder vor, die Vorschläge der von ihm geleiteten Kommission nicht eins zu eins umgesetzt, sondern an etlichen Stellen verwässert zu haben. „Nicht überall, wo Hartz draufsteht, ist auch Hartz drin.“

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Foto: dpa

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