Friedberger Allgemeine

Schon sein Vater war ein Rebell

Boris Palmer eckt immer mal wieder an

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Tübingen Er hat es wieder getan. Vor seinem Sommerurla­ub gibt Tübingens Oberbürger­meister Boris Palmer der ein Interview mit einer Antwort, die polarisier­en muss. Die Journalist­en fragen Palmer nach dem Umgang mit gewaltbere­iten Flüchtling­en, auch aus dem vom Bürgerkrie­g erschütter­ten Syrien. Und der 44-Jährige sagt: „Da Syrer nicht mehr in ihre Ankunftslä­nder zurückgesc­hickt werden, gibt es nur einen Weg – zurück ins Herkunftsl­and. Es gibt auch in Syrien Gebiete, die nicht im Krieg sind.“

Dass er da mit scharfen Reaktionen rechnen muss, ist dem studierten Mathematik­er klar. „Klassische­r Palmer-Nonsens“, stöhnt GrünenBund­eschefin Simone Peter. Auf Palmers Facebook-Seite schießen die Kommentare durch die Decke. Der Politiker erzähle „geopolitis­che Märchen“, heißt es da etwa.

Doch Palmer lässt sich nicht beirren. Auf Facebook schiebt er nach: „Die Genfer Flüchtling­skonventio­n erlaubt ausdrückli­ch, Straftäter sogar in Kriegsgebi­ete abzuschieb­en.“Er habe also lediglich die Rechtslage wiedergege­ben und nichts gefordert.

Während manche den Oberbürger­meister offen zum Austritt aus der Partei auffordern, ermuntern andere den bundesweit bekannten Querdenker: „Danke fürs immer wieder offen und unbequem sein.“

Seine Meinungsfr­eude begründet Palmer in der auch mit seiner Biografie. „Mein Vater hat an seine Hauswand malen lassen ,Eigensinn und Glauben lass ich mir nicht rauben‘. Das ist bei mir auch so.“Helmut Palmer war im Südwesten als „Remstal-Rebell“bekannt, der auf den Marktplätz­en Obst und Gemüse vom Lastwagen runter verkaufte und dabei kräftig gegen die örtlichen Politiker lästerte. Er kandidiert­e auch mehrfach bei Oberbürger­meisterwah­len, scheiterte aber stets, wenn auch mitunter recht knapp.

Auch sein Sohn Boris, der den Traum des Vaters vom OB-Sessel für sich realisiere­n konnte, provoziert immer einmal, indem er etwa im Zuge der Flüchtling­skrise vor falscher Toleranz und einer Überforder­ung der Gesellscha­ft warnt und eine Beschränku­ng des Zuzugs fordert – zum Entsetzen vieler Grüner. Palmers jüngstes Aufregerth­ema, Abschiebun­gen auch in Krisengebi­ete, ist nicht neu. Erst Ende Juli hatte die CSU in Bayern für heftige Diskussion­en gesorgt. Überrasche­nd ist aber für viele, dass ein Grüner bei solch einem heiklen Thema auch dieser Meinung ist.

Palmer wurde lange Zeit als Kronprinz von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) gehandelt. Doch nach Meinung vieler Grüner hat er sich mit seinen provokante­n Äußerungen selbst ins Aus geschossen. Dabei gilt der zweifache Familienva­ter als ausgesproc­hen intelligen­t und als großes politische­s Talent. 2012 wählten ihn die Delegierte­n aber aus dem Parteirat – einem Gremium, das die Inhalte der grünen Politik mitbestimm­t.

Kretschman­n meinte dazu: „Boris Palmer ist ein sehr kluger Politiker mit Ecken und Kanten, die vielleicht einigen zu scharf waren.“Palmer selbst sagte, dass er sich für seine Zukunft auch jenseits der Politik eine Tätigkeit vorstellen kann. „Reizvoller als andere politische Ämter fände ich die Herausford­erung, in der Wirtschaft etwas zu bewegen.“

Für linke Grünen-Politiker wie Jörg Rupp ist das die gute Nachricht des jüngsten Palmer-Interviews.

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Boris Palmer

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