Friedberger Allgemeine

Von Putin lernen?

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger-allgemeine.de

Die Wiederannä­herung zwischen der Türkei und Russland kann man mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten: Lachend, weil ein Konflikthe­rd entschärft wird; in dem vergiftete­n Klima nach dem Abschuss des russischen Militärjet­s durch die Türkei schienen selbst kriegerisc­he Verwicklun­gen zwischen beiden Ländern möglich. Weinend, weil sich da zwei zusammentu­n, die beide keine „lupenreine­n Demokraten“sind.

Für Erdogan muss Putin schon seit langem ein Vorbild sein. So autoritär zu regieren wie der russische Präsident, das scheint auch das Ziel des türkischen Politikers zu sein. Seit langem verfolgt Erdogan den Plan, die Verfassung zu ändern und ein Präsidials­ystem einzuführe­n. Der überstande­ne Putsch vom 15. Juli hat ihn in dieser Absicht nur bestärkt.

Für den Westen könnte es unbequem werden. Das Nato-Land Türkei Seit’ an Seit’ mit dem schärfsten Kritiker des westlichen Bündnisses? Das wird in Washington und Brüssel Stirnrunze­ln hervorrufe­n. Die USA, die Nato und die EU müssen aber auch selbst aktiv werden und der Türkei aufzeigen, dass ihre Interessen im westlichen Lager besser aufgehoben sind. Eine freie Wirtschaft und eine freie Gesellscha­ft werden langfristi­g die Türkei eher voranbring­en als ein Rückfall in autoritäre Strukturen.

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