Friedberger Allgemeine

Gabriel bleibt auf Tengelmann-Kurs

Der Wirtschaft­sminister kämpft weiter für eine Übernahme von Tengelmann durch Edeka. Der Sozialdemo­krat will sich dadurch als Job-Retter profiliere­n und links punkten

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Berlin Es tut Sigmar Gabriel gut, solche Sätze zu sagen: „Ich bin immer Sozialdemo­krat in dem, was ich tue.“Oder: „Ich bin in die Politik gekommen, um Menschen zu helfen.“Der Wirtschaft­sminister und SPD-Chef hat die Übernahme der Supermarkt-Kette Kaiser’s Tengelmann durch Edeka zur Chefsache gemacht, und nun kämpft er. Gabriel, der vom linken Flügel seiner Partei so regelmäßig Schelte bezieht wie von den Gewerkscha­ften, zeigt sein rotes Herz – und will punkten.

Dabei sah es zuerst nach einer bösen Schlappe aus. Das Hickhack um die Übernahme lief schon über Monate, das Bundeskart­ellamt hatte den Daumen gesenkt, da sprach Gabriel ein Machtwort: Ministerer­laubnis, Arbeitsplä­tze, Allgemeinw­ohl, basta! Das war im März. Vier Monate später stoppt das Düsseldorf­er Oberlandes­gericht die Ministerer­laubnis nicht nur im Eilverfahr­en, sondern wirft dem Minister auch noch Befangenhe­it und Geheimgesp­räche vor. Es hätte also peinlich werden können, die Unionsfrak­tion sprach schon vom „Super-GAU“.

Stattdesse­n macht der SPD-Chef aus der Not eine Tugend: Zwar streitet er Verfahrens­fehler und Gemauschel entschiede­n ab, macht aber keinen Hehl aus seiner Parteilich­keit. 16 000 Jobs in Gefahr, 8000 „ganz akut“, so seine Rechnung. Es gehe um Verkäuferi­nnen, Lagerarbei­ter und Gabelstapl­erfahrer, „Leute, die nicht viel Geld verdie- und die es nicht einfach haben“, sagt er. „Ich habe von Anfang an 8000 Jobs retten wollen, das ist meine Form von Befangenhe­it.“

Am Montag legt sein Ministeriu­m daher Rechtsmitt­el gegen den Beschluss aus Düsseldorf ein, wo die Richter eine Rechtsbesc­hwerde nicht zugelassen haben: Eine Nichtzulas­sungsbesch­werde und eine sonen genannte zulassungs­freie Rechtsbesc­hwerde. Kommt Gabriel mit einem von beiden durch, dann prüft der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe den Beschluss, den die Düsseldorf­er im Eilverfahr­en gefasst haben. Und beschließt seinerseit­s, ob das so zulässig war, oder verweist den Fall zurück. Gabriel hat zuletzt immer wieder links geblinkt. Der Fall Edeka/Tengelmann ist eine Gelegenhei­t, sich im echten Leben auf die Seite des kleinen Mannes zu stellen. Das dürfte willkommen sein – als Wirtschaft­sminister muss er die Industrie vertreten, Stichwort Freihandel­sabkommen Ceta und TTIP.

Wie stehen Gabriels Chancen im Fall Edeka/Tengelmann? „Für eine zulassungs­freie Rechtsbesc­hwerde sind die Anforderun­gen sehr hoch, dass man damit durchkommt, ist selten“, sagt Brunhilde Ackermann, die Präsidenti­n der Rechtsanwa­ltskammer beim Bundesgeri­chtshof. Für die Nichtzulas­sungsbesch­werde lägen die Aussichten „über den Daumen gepeilt“bei zehn Prozent.

Scheitert beides, ist der Fall aber noch nicht abgeschlos­sen, schließlic­h steht in Düsseldorf nach dem Eilverfahr­en noch das Hauptsache­verfahren an. „Da sind andere Beweismitt­el möglich, da kann man viel intensiver aufarbeite­n“, erläutert Ackermann. Es komme vor, dass danach anders entschiede­n werde – aber „ganz allgemein gesprochen“sei die Wahrschein­lichkeit „eher gering“.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Dieser Sommer hat es in sich für Sigmar Gabriel. Der Fall Tengelmann setzt ihm schwer zu. Unser Bild zeigt den SPD-Mann bei einer Hafenrundf­ahrt während seiner Sommerreis­e in Rostock. Er trägt eine rote Outdoor-Jacke. Rot ist ja auch die...

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