Friedberger Allgemeine

Schröder konnte das besser

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium hat sich in der Geschichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d nicht als politische­r Schleuders­essel entpuppt. Dafür taugen andere Ämter wie das Verteidigu­ngsministe­rium besser. Doch Sigmar Gabriel wird längst den Tag verfluchen, als er sich für das einst von Ludwig Erhard populär gemachte Ressort entschiede­n hat.

Denn für den gelegentli­ch ungestümen und unkontroll­ierten Niedersach­sen, der an sich ein großes politische­s Talent ist, entwickelt sich ausgerechn­et das seit Jahrzehnte­n an einem Bedeutungs­verlust leidende Wirtschaft­sministeri­um zur giftigen Karrierefa­lle. Dabei ist Gabriel selbst in die Falle getappt, weil in ihr der für einen wieder etwas mehr nach links schielende­n Sozialdemo­kraten verlockend­e Köder lag, sich als Retter von Tengelmann-Jobs zu brüsten. Der SPD-Mann griff beherzt zu und übersah wohl die Komplexitä­t des Falls, in dem man sich nur allzu leicht die Finger in der Falle einklemmen kann. Beim Spiel um die Übernahme von Tengelmann sind zu viele Interessen mit von der Partie. Da kämpft Rewe gegen Edeka, die Gewerkscha­ft Verdi will sich profiliere­n und Juristen nutzen den Fall ebenso als Bühne. Mit dem Wirrwarr konnten Gabriels strategisc­he Talente nicht mithalten.

Am Ende könnte die Causa Tengelmann bei allen tapferen Versuchen juristisch­er Gegenwehr zur Katastroph­e für den Politiker werden. Der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder verfügte über einen besseren Instinkt in solchen Wirtschaft­sdramen. Als der Bau-Riese Holzmann im November 1999 darniederl­ag, ließ er sich als Retter feiern. Das zahlte sich für Schröder lange aus. Der Konzern war zwar im März 2002 dennoch endgültig am Ende, es dachten aber dann nur noch wenige an den SPD-Zampano. So viel Glück hätte Gabriel gerne.

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