Friedberger Allgemeine

Wohin mit den Kindern in den Ferien?

Für berufstäti­ge Eltern erfordern lange Schul- oder Kindergart­enpausen viel Organisati­onstalent. Ferienbetr­euungen werden jedes Jahr beliebter. Der Verein „Working Moms“bringt Kinder und Karriere zusammen

- VON FELICITAS MACKETANZ

Augsburg Jedes Jahr stehen zahlreiche Familien vor demselben Problem: Die Kleinen haben sechs Wochen Sommerferi­en, der Kindergart­en hat womöglich geschlosse­n und Mama und Papa müssen in dieser Zeit arbeiten. Wohin also mit dem Nachwuchs?

Etliche Eltern nutzen Ferienbetr­euungsmögl­ichkeiten für ihre Kinder. Allein in Augsburg wurden im vergangene­n Jahr der Stadt zufolge 1414 städtische Ferienbetr­euungsplät­ze gebucht. „Die Nachfrage ist groß und stetig wachsend“, sagt Evelyn Bätzler vom Amt für Kinder, Jugend und Familie. In Ingolstadt hat sich die Teilnehmer­zahl der mehrtägige­n Kinderfrei­zeiten namens „Stadtrande­rholungen“innerhalb von acht Jahren nahezu verdoppelt und die Stadt Nürnberg bietet inzwischen sogar mehr als 2400 Plätze an; 2014 waren es nicht einmal halb so viele. Das gaben die jeweiligen Ämter der Städte an.

„Viele Kinder gehen schon seit dem ersten Lebensjahr in eine Krippe, die sind das gewohnt“, sagt Evelyn Bätzler aus Augsburg. Dennoch appelliert sie an die Eltern: „Die gute Mischung aus Ferienbetr­euung und einer gemeinsame­n Zeit mit den Eltern und Geschwiste­rn ist essenziell.“Kinder bräuchten nach der anstrengen­den Schulzeit Gelegenhei­t, sich zu erholen. Auch der Vorsitzend­e des Familienbu­ndes der Katholiken in Augsburg, Pavel Jerabek, warnt, die Angebote nicht auszunutze­n, um Kinder „aufzuräume­n“. Zu oft stünden leider noch die Interessen der Wirtschaft im Mittelpunk­t und weniger die der Familie, kritisiert er.

Nadine Kramer, Unternehme­nsberateri­n aus München, hat ihre Lösung gefunden: Sie schickt ihren sechsjähri­gen Sohn in eine Ferienbetr­euung der Stadt. „Eine Woche besucht er diese Einrichtun­g, ein paar Tage geht er noch in ein Tennis-Camp, dann fahren wir gemeinsam zwei Wochen in den Urlaub und danach geht er in den Hort“, sagt die zweifache Mutter, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Kramer ist Mitglied im Verein „Working Moms“, der sich für berufstäti­ge Mütter einsetzt. Sie ist überzeugt: „In München hat sich viel getan. Es gibt ein großes Angebot an Hilfen für berufstäti­ge Eltern.“

Bei manchen Ferieneinr­ichtungen können Eltern angeben, ob sie die Nachmittag­sbetreuung verlängern wollen oder ihr Kind morgens früher bringen dürfen. „Die Einrichtun­gen, die von der Stadt unterstütz­t werden, sind bezahlbar“, sagt Kramer. Etwa 160 Euro zahlt sie für einen Platz pro Woche.

Kramers 14-jähriger Sohn sträubt sich inzwischen gegen die Betreuung. „Der will lieber mit seinem Kumpel in den Urlaub fahren“, sagt sie. Die berufstäti­ge Mutter ist stolz darauf, dass ihr Sohn so schnell erwachsen geworden ist. Nicht immer war alles so einfach. „Gerade für die ganz Kleinen gibt es noch zu wenig.“

Die Hamburger Rechtsanwä­ltin und Steuerbera­terin Andrea Witte, die seit den 1990er Jahren in Augsburg lebt, ist auch Mutter und sieht in den oft unflexible­n Öffnungsze­iten ein Problem: „Ich hatte Glück, meine Tochter besuchte einen Kindergart­en, der bis 17 Uhr geöffnet hatte“, sagt sie. Wittes Ehemann ist Maschinenb­auingenieu­r und arbeitet Vollzeit. Als ihre heute 13-jährige Tochter im Kindergart­enalter war, haben sich die Eltern mit dem Abholen der Kleinen vom Kindergart­en abgewechse­lt: Mal musste der Vater früher das Büro verlassen, mal die Mutter. Zusätzlich engagierte­n sie eine Tagesmutte­r, bis Catharina in die Schule ging. Mit Ende der Kindergart­enzeit kamen aber noch mehr Ferien dazu. Manchmal durfte Catharina dann mit ihrer Mutter in die Kanzlei oder zum Vater ins Geschäft. „Man muss flexibel sein.“Aber Witte gibt zu, dass ihre Tochter nicht immer glücklich mit der Situation war. Die Jugendlich­e habe dafür gesehen, wie wichtig es ist zu arbeiten. „Ich denke, die Vorbild-Funktion, die wir ihr vermitteln, ist sehr wichtig.“

Neben der geregelten Ferienzeit ist den beiden Müttern und Mitglieder­n bei „Working Moms“aber noch ein ganz anderer Aspekt wichtig: Die Gleichbere­chtigung von Mann und Frau im Beruf. Man dürfe als Frau im Berufslebe­n nicht als Mensch zweiter Klasse gesehen werden, weil man Mutter ist, sagt die 49-jährige Witte. Sie möchte Frauen den Rücken stärken, die arbeiten und Kinder haben. „Frauen sollen sich wegen der Karriere nicht gegen Kinder entscheide­n müssen.“

Pro Woche kostet die Betreuung 160 Euro Berufstäti­ge Mütter können Vorbild für Kinder sein

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Foto: Ralf Lienert Grenzkontr­olle am Allgäu Airport in Memmingen.

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