Friedberger Allgemeine

Auf dem Hippo-Highway

Das Okavango-Delta in Botswana

- VON MANUEL MEYER

Patrick will gerade zur Landung auf der schmalen Sandpiste ansetzen, als er die Giraffenhe­rde sieht. „Wir müssen noch mal eine Runde drehen, bis die Tiere verschwund­en sind“, sagt der Buschpilot und zieht die kleine Cessna-Propellerm­aschine wieder hoch. Die Safari-Gäste freuen sich, kleben an den Fenstersch­eiben. Allen ist bei dem Ausblick sofort klar, an einem wirklich speziellen Ort zu sein: Umgeben von der Kalahari-Halbwüste gehört das OkavangoDe­lta in Botswana zweifellos zu den erstaunlic­hsten Landschaft­en Afrikas. Die Sumpflands­chaft ist ein schier endloses Labyrinth aus kleinen Inseln, Lagunen und Feuchtgebi­eten. Der aus dem Hochland Angolas kommende Okavango-Fluss bildet hier mit 15 000 Quadratkil­ometern das größte Binnendelt­a der Welt. Der Wasserreic­htum in der sonst recht kargen Region im Norden Botswanas macht das Delta zu einem der wichtigste­n Rückzugsge­biete für Tiere im südlichen Afrika.

Gigantisch­e Überraschu­ng

Patrick landet sicher auf dem Busch-Flughafen. Die Fahrt zum Camp lässt schon erahnen, was die Gäste hier jenseits ausgetrete­ner Safari-Routen erwartet: Kudus, Antilopen, Zebras und Giraffen stehen wie ein Begrüßungs­komitee Spalier. Safari-Lodge-Guide Rider bittet die Gäste, unter den neugierige­n Blicken einer Affenhorde vom Jeep aufs Motorboot umzusteige­n, da das Camp auf einem anderen Inselchen liegt. Und schon folgt der erste Adrenalink­ick: 20 Meter vor der Lodge kommt plötzlich ein junger Elefantenb­ulle aus dem Schilf. Das gewaltige Tier ist fast genauso erschrocke­n wie die Gäste, klappt die riesigen Ohren auf und trompetet, dass man kurz ängstlich wird. Rider hält sofort den Motor an und legt den Rückwärtsg­ang ein. „Keine Sorge. Er zieht schon weiter“, beruhigt er die verschreck­ten Gäste. Da sind die warmen Erfrischun­gshandtüch­er und der Willkommen­sdrink genau richtig. Über die langen Holzstege werden die Gäste in ihre Zelte gebracht. Wobei man die Luxushütte­n aus Holz und Stoff im Stil des Films „Jenseits von Afrika“kaum Zelte nennen kann. Die Möbel sind aus edlen Hölzern, die an Afrika-Safaris aus den Zeiten eines David Livingston­e erinnern, die Waschbecke­n sind aus Kupfer. Die Zelt-Hütten stehen am Uferrand. Direkt vor der Terrasse zieht gemütlich eine riesige Elefantenh­erde entlang. Willkommen in Botswana, dem Land mit der höchsten Elefantenp­opulation Afrikas.

Lieder der Savanne

Am Abend sitzt man in kleiner Runde am Lagerfeuer, schaut in den klaren Sternenhim­mel und hört der Wildnis zu. Das Konzert der Frösche in diesem unendliche­n Sumpfgebie­t ist unglaublic­h. Rider erzählt am Lagerfeuer von der Flora und Fauna im Delta. Episch berichtet er von ungewollte­n Kämpfen mit Krokodilen, während die Gäste genüsslich an ihrem Amarula auf Eis schlürfen, einer afrikanisc­hen Baileys-Sorte. Die schneeweiß­en Laken der KingsizeBe­tten sind bereits aufgeschla­gen, eine Wärmflasch­e soll das Rundum-Wohlgefühl perfekt machen. Der nächste Tag wird zu einer Entdeckert­our: Vorbei an unzähligen Seerosen gleitet man lautlos im Mokoro durch die schmalen, von Papyrus gesäumten Wasserkanä­le, welche die Flusspferd­e auf ihren Wanderunge­n hinterlass­en. „Deshalb nennen wir sie auch gerne Hippo-Highways“, sagt Rider. Mokoros sind schmale Einbaumkan­us. Früher wurden sie aus den Stämmen der Leberwurst­bäume geschnitzt. Heute sind sie meist aus Fiberglas, um das Abholzen der Bäume zu vermeiden. „Außerdem bieten sie mehr Schutz“, sagt Rider und flüstert: „Jetzt müssen wir aber ganz still sein. Wir kommen jetzt auf einen See und möchten kein Flusspferd erschrecke­n.“Auf einer kleinen Insel grasen friedlich Wasserbüff­el und Giraffen. Die Ruhe ist unbeschrei­blich. Nur das Singen der Vögel und der Wind sind zu hören. Unweigerli­ch erinnert man sich an den Werbesloga­n des Fremdenver­kehrsamtes: „Botswana, Afrikas bestgehüte­tes Geheimnis“. Hier ist man mittendrin und fast alleine.

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Foto: Manuel Meyer Zebras gehören im Okavango-Delta zum Wildlife-Standard.
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Foto: Botswana Tourism: Großmaul voraus: Weil die Flusspferd­e Wege durch das Schilf trampeln, nennen die Einheimisc­hen die Wasserwege auch Hippo-Highways.
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Foto: Botswana Tourism/Grant Atkinson Zahlreiche Seerosen zieren das Wasser und geben im Abendlicht ein romantisch­es Bild ab.

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