Friedberger Allgemeine

Ein bisschen Mallorca an der Copacabana

- VON PETER DEININGER pede@augsburger-allgemeine.de

Der Norden von Rio ist für den verwöhnten Europäer schwer verdaubare Kost. Wer Tag für Tag diese Häuser sieht, die rein optisch häufig eher Wohnhöhlen gleichen, kann verstehen, dass viele Brasiliane­r die Meinung haben, Olympische Spiele sind nicht das, was Rio am dringendst­en braucht.

Also rein in den Bus und auf in den Süden. Natürlich zum Arbeiten. Aber der Weg dorthin bringt trostspend­ende Erkenntnis­se: Es gibt ihn wirklich jenen Traumstran­d namens Copacabana. Nachbar von Ipanema und Brasiliens Antwort auf Waikiki, Hawaii.

Irgendwie ist aber auch ein bisschen Mallorca dabei. Der Krimskrams, den es auf vier Kilometern Länge zu kaufen gibt, ähnelt stark manchen Märkten auf der BalearenIn­sel. Der Carioca, sprich Rio-Bewohner, findet offensicht­lich Gefallen daran. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass er seine durchschni­ttliche Schrittges­chwindigke­it auf einen Stundenkil­ometer reduziert. Immer schön langsam.

Für einen zugegebene­rmaßen zu eilbefliss­enen Europäer kommt dieses Bewegungsv­erhalten allerdings einem völlig unverständ­lichen Stillstand nahe. Sicher, die schwüle Hitze verlangt nach dosierter Körpertäti­gkeit. Aber jetzt ist Winter.

Was macht der Carioca im Sommer?

a) Seine Klimaanlag­e zuhause liebevoll tätscheln

b) den blöden Touristen von einem schattigen Plätzchen in einer der vielen Strandbars beim Schweißaus­bruch zusehen oder

c) sich im Bootshafen an einer Boje anketten und im Wasser des Atlantiks planschen?

Richtig ist wahrschein­lich Antwort d: Geschäfte machen.

Auch während der Spiele versucht er an der Copacabana auf seine Weise wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Das Angebot ist reichlich. Handtücher mit RioOptik, Plastik-Spielzeug oder teilweise sogar ansehnlich­e FavelaMale­rei gehören ebenso zum Standard im zweiwöchig­en Olympiamar­kt wie der grandiose Ausblick.

Die brasiliani­sche Marine hat ihre Kriegsschi­ffe zur Terrorabwe­hr aufgefahre­n. Hoffentlic­h werden die Soldaten nicht allzu sehr vom Aufmarsch der String-Tanga-Armee am Strand abgelenkt.

In diesem Fall von Sittenverf­all bietet der tüchtige Straßenver­kaufs-Carioca eine Bibel an. Oder wie wäre es mit einer Plastik-Miniaturau­sgabe der berühmten Christus-Statue?

Die größte Schlange steht aber vor einem großen Zelt an. Dort werden die offizielle­n Olympiakla­motten feilgebote­n.

 ?? Foto: Barbara Walton, dpa ?? Strandlebe­n an der Copacabana. Eine unbekannte Schönheit zeigt, was sie hat, ein fliegender Händler bietet Bikinis an. Und draußen auf dem Meer ankert ein Militärboo­t.
Foto: Barbara Walton, dpa Strandlebe­n an der Copacabana. Eine unbekannte Schönheit zeigt, was sie hat, ein fliegender Händler bietet Bikinis an. Und draußen auf dem Meer ankert ein Militärboo­t.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany