Ein bisschen Mallorca an der Copacabana
Der Norden von Rio ist für den verwöhnten Europäer schwer verdaubare Kost. Wer Tag für Tag diese Häuser sieht, die rein optisch häufig eher Wohnhöhlen gleichen, kann verstehen, dass viele Brasilianer die Meinung haben, Olympische Spiele sind nicht das, was Rio am dringendsten braucht.
Also rein in den Bus und auf in den Süden. Natürlich zum Arbeiten. Aber der Weg dorthin bringt trostspendende Erkenntnisse: Es gibt ihn wirklich jenen Traumstrand namens Copacabana. Nachbar von Ipanema und Brasiliens Antwort auf Waikiki, Hawaii.
Irgendwie ist aber auch ein bisschen Mallorca dabei. Der Krimskrams, den es auf vier Kilometern Länge zu kaufen gibt, ähnelt stark manchen Märkten auf der BalearenInsel. Der Carioca, sprich Rio-Bewohner, findet offensichtlich Gefallen daran. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass er seine durchschnittliche Schrittgeschwindigkeit auf einen Stundenkilometer reduziert. Immer schön langsam.
Für einen zugegebenermaßen zu eilbeflissenen Europäer kommt dieses Bewegungsverhalten allerdings einem völlig unverständlichen Stillstand nahe. Sicher, die schwüle Hitze verlangt nach dosierter Körpertätigkeit. Aber jetzt ist Winter.
Was macht der Carioca im Sommer?
a) Seine Klimaanlage zuhause liebevoll tätscheln
b) den blöden Touristen von einem schattigen Plätzchen in einer der vielen Strandbars beim Schweißausbruch zusehen oder
c) sich im Bootshafen an einer Boje anketten und im Wasser des Atlantiks planschen?
Richtig ist wahrscheinlich Antwort d: Geschäfte machen.
Auch während der Spiele versucht er an der Copacabana auf seine Weise wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Das Angebot ist reichlich. Handtücher mit RioOptik, Plastik-Spielzeug oder teilweise sogar ansehnliche FavelaMalerei gehören ebenso zum Standard im zweiwöchigen Olympiamarkt wie der grandiose Ausblick.
Die brasilianische Marine hat ihre Kriegsschiffe zur Terrorabwehr aufgefahren. Hoffentlich werden die Soldaten nicht allzu sehr vom Aufmarsch der String-Tanga-Armee am Strand abgelenkt.
In diesem Fall von Sittenverfall bietet der tüchtige Straßenverkaufs-Carioca eine Bibel an. Oder wie wäre es mit einer Plastik-Miniaturausgabe der berühmten Christus-Statue?
Die größte Schlange steht aber vor einem großen Zelt an. Dort werden die offiziellen Olympiaklamotten feilgeboten.