Der Joker weint
Tennis Der Weltranglisten-Erste Djokovic erlebt wieder eine bittere Pleite. Er ist nicht der einzige Favorit, der früh scheitert
Rio de Janeiro Mit gesenktem Kopf kehrte Novak Djokovic auf einmal wieder um. Nach seinem bitteren Olympia-Aus in der ersten Runde hatte sich der Topfavorit schon einige Meter an den fragenden Reportern vorbei gearbeitet, als er seine Gefühle nicht mehr kontrollieren konnte. Schon auf dem Centre Court hielt der Schützling von Boris Becker die Tränen nicht zurück. Zu schmerzhaft war das 6:7 (4:7), 6:7 (2:7) gegen den früheren US-OpenSieger Juan Martín del Potro.
„Ohne Zweifel ist es eine der bittersten Niederlagen in meinem Leben, in meiner Karriere“, sagte der Bronze-Medaillengewinner von 2008 wenig später, als er sich gefangen hatte und sich doch noch kurz weiteren Fragen stellte. „Es ist nicht leicht, damit umzugehen. Die Wunden sind noch frisch.“
Wie ein fairer Verlierer hatte die Nummer eins der Welt am Netz lange und herzlich seinen Kontrahenten aus Argentinien umarmt, der wegen drei Handgelenks-Operationen eine kleine Ewigkeit auf der Tour gefehlt hatte.
Es war ein hochklassiges Duell in einer begeisternden Atmosphäre, das sich die beiden Tennisprofis auf dem Centre Court lieferten. Boris Becker verfolgte das Match in serbischer Teamkleidung. In Rio betreut die deutsche Tennis-Ikone nicht nur Djokovic, sondern die gesamte serbische Tennis-Mannschaft.
Am späten Sonntagabend (Ortszeit) konnte er dem 12-fachen Grand-Slam-Sieger jedoch nicht viel helfen. Nur fünf Wochen nach dem sensationellen Drittrunden-Aus in Wimbledon muss das Erfolgsgespann Djokovic/Becker die nächste herbe Enttäuschung verkraften.
„Es ist nicht das erste oder das letzte Mal, dass ich ein TennisMatch verliere. Aber das bei den Olympischen Spielen – das ist etwas komplett anderes“, sagte der 29-Jährige. In Brasilien wollte der Tennis-Star nichts anderes holen als Gold. Bis zu seiner Pleite beim Rasen-Klassiker in London galt Djokovic monatelang als unantastbar. Der Perfektionist hatte nacheinander alle vier Grand-Slam-Turniere für sich entschieden und erstmals auch bei den French Open in Paris triumphiert.
Der Serbe selbst hielt alles für möglich. Auch seine Konkurrenten trauten ihm zu, alle vier wichtigsten Titel im Jahr 2016 abzuräumen. Oder gar den Golden Slam mit dem Olympiasieg zu schaffen, der bislang nur Steffi Graf gelang. Dann patzte er in Wimbledon, jetzt scheiterte er an einem grandios aufspielenden del Potro. Mit seiner Vorhand stellte der Argentinier den WeltranglistenErsten vor unlösbare Aufgaben.
Djokovic war nicht der einzige Favorit, der früh scheiterte. So haben Serena und Venus Williams die Chance auf ihr viertes OlympiaGold im Doppel bereits verspielt. Die Schwestern unterlagen Lucie Safarova und Barbora Strycova aus Tschechien 3:6, 4:6. Für das Doppel Serena und Venus Williams war es die erste Niederlage bei Olympischen Spielen, 2000, 2008 und 2012 hatten sie Gold geholt. Allerdings spielte die 36-jährige Venus mit einer Viruserkrankung. Sie hatte bereits im Einzel gegen die Belgierin Kirsten Flipkens verloren.