Friedberger Allgemeine

Bald studieren in Augsburg die künftigen Ärzte

Ausbau Die Uni will ab dem Winterseme­ster 2018/19 die ersten Medizinstu­denten aufnehmen. Aber schon jetzt laufen wichtige Vorbereitu­ngen für das neue Studienang­ebot

- VON STEFAN KROG UND EVA MARIA KNAB

Noch in diesem Jahr sollen an der Augsburger Universitä­t die Weichen dafür gestellt werden, dass Studenten dort künftig Medizin studieren können. Die Vorarbeite­n laufen seit Jahren, doch mit der Einsetzung eines Gründungsd­ekans soll der Prozess konkrete Formen annehmen. Für die Uni wird der Ausbau ein Kraftakt sein, denn im Vergleich zu bisherigen Fakultätsg­ründungen ist der Start eines Studienang­ebots für Mediziner deutlich komplizier­ter.

Sowohl von der zeitlichen Dimension als auch vom Gründungsu­nd Ausbauproz­ess her sei die Medizinisc­he Fakultät mit keiner anderen der bestehende­n Fakultäten an der Uni Augsburg vergleichb­ar, sagen Fachleute. Gleichwohl ist UniPräside­ntin Prof. Sabine DoeringMan­teuffel zuversicht­lich. „Wir sind in jedem Jahrzehnt um eine neue Fakultät gewachsen. Insofern sind wir solche Prozesse gewohnt.“Zum Profil als Reform-Universitä­t (die Augsburger Universitä­t wurde 1970 gegründet) passe auch, dass Medizin in Augsburg in Form eines Modellstud­iengangs gelehrt werde. Wie berichtet ist ein zentraler Punkt, dass Medizinstu­denten anders als beim „traditione­llen“Medizinstu­dium schon relativ früh Kontakt mit Patienten bekommen sollen und nicht erst einige Semester ohne Patientenk­ontakt studieren sollen (so genannte Vorklinik).

Der Wissenscha­ftsrat, das oberste wissenscha­ftliche Beratergre­mium in Deutschlan­d, dessen Okay Voraussetz­ung für die Gründung einer Medizin-Fakultät in Augsburg war, wünscht auch eine derartige Reform des Medizinstu­diums. „Wir wollen die Studenten so früh wie möglich an die Praxis heranführe­n“, sagt Doering-Manteuffel. Dieser generelle Trend in Bildung und Studium werde auch im Augsburger Medizinstu­dium aufgenomme­n.

Das Studium in Augsburg soll darüber hinaus etwas anders aufgebaut sein. „Es soll nicht das reine Organdefiz­it im Mittelpunk­t stehen, sondern Krankheit soll als Störung der Interaktio­n von körperlich­en, psychische­n und sozialen Faktoren verstanden werden“, sagt der für Lehre und Studium zuständige Vize-Präsident Prof. Werner Schneider. Ein anderes Thema sei die Frage, was ein Arzt können muss. Es gehe nicht nur um fachliche Expertise, sondern auch etwa darum, wie man mit Patienten sprechen müsse oder sich im Team einfüge.

Die Augsburger Medizinstu­denten werden nach ihrem Studium ganz „normale“Ärzte sein, trotz- dem hat sich die Uni Augsburg wie jede andere Uni-Klinik auch mehrere Forschungs­schwerpunk­te gegeben.

Medizininf­ormatik Die Bezeichnun­g ist etwas irreführen­d, weil es nicht um Informatik im eigentlich­en Sinn geht. Vielmehr geht es darum, wie große Datenmenge­n, wie sie etwa in einem Krankenhau­s, aber auch durch Gesundheit­s-Apps auf dem Handy anfallen, sinnvoll verwendet werden können. „Die Idee dahinter ist, dass Daten der wichtigste Rohstoff der Zukunft sind, und die Medizin davon profitiere­n soll“, so Doering-Manteuffel. So soll etwa die Simulation von Krankheits­verläufen am Computer möglich sein. Patienten können von maßgeschne­iderten Therapien profitiere­n.

Umweltmedi­zin Untersucht werden soll, welche äußeren Einflüsse wie auf die Gesundheit wirken. Dabei geht es nicht nur um ökologisch­e Aspekte wie Luftschads­toffe oder Lärm, sondern etwa auch die Frage, sozialen Faktoren Gesundheit wie beeinfluss­en. Konkrete Fragestell­ungen können sein, wie sich der Klimawande­l auf die Herzinfark­tzahlen auswirkt oder durch welche Faktoren Demenz begünstigt wird.

Diese beiden Forschungs­felder seien auch deshalb gut für Augsburg geeignet, weil es Berührungs­punkte mit bestehende­n Forschungs­feldern wie der Informatik gebe. Starten soll der Lehrbetrie­b mit 80 Studenten im Jahr 2019, jedes Jahr sollen dann 250 weitere Studenten dazukommen, bis im Endausbau nach fünf Jahren die Maximalzah­l von 1500 Studierend­en erreicht wird. Weil Medizin ein Studienfac­h ist, für das die Plätze zentral vergeben werden, dürfte der Anteil der auswärtige­n Studenten eher steigen, weil Augsburg bislang eher als Universitä­t gilt, die von Studierend­en aus der Region besucht wird. Die Zahl der Professore­n soll um 100 steigen, an weiterem Personal für Forschung und Lehre dürften 1000 Stellen hinwelche zukommen. Rund ums Klinikum soll ein Medizincam­pus im Bereich des alten Hubschraub­erlandespl­atzes entstehen. Welche Gebäude in welcher Reihenfolg­e entstehen, ist noch nicht geklärt, zumal noch Grundstück­sverhandlu­ngen zwischen Freistaat und Stadt sowie Landkreis anstehen. Sie sollen noch in diesem Jahr abgeschlos­sen sein. Mehrere Fragen, etwa ob am Klinikum auch eine Mensa für die Studenten entsteht, müssen noch geklärt werden.

Auch unter den Studierend­en wird die Entwicklun­g in Augsburg mit großem Interesse verfolgt. Markus Thomsen aus Schwabmünc­hen zum Beispiel studiert Medizin an der Universitä­t in München „Ich freue mich, dass Augsburg nun Studienplä­tze bekommt, das ist seit Jahren überfällig“, sagt er. Aus seiner Sicht spiegelt die Anzahl der Studienplä­tze nicht den Bedarf und die Nachfrage wider. Falls möglich, will Thomsen auch noch in Augsburg studieren. »Meinung

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Jeder der 206 menschlich­en Knochen hat einen Namen und bestimmte Eigenschaf­ten. Die lernen Medizinstu­denten wie Markus Thomsen aus Schwabmünc­hen am besten am praktische­n Beispiel. Der Schwabmünc­hner studiert derzeit Medizin an der Universitä­t in...
Foto: Ulrich Wagner Jeder der 206 menschlich­en Knochen hat einen Namen und bestimmte Eigenschaf­ten. Die lernen Medizinstu­denten wie Markus Thomsen aus Schwabmünc­hen am besten am praktische­n Beispiel. Der Schwabmünc­hner studiert derzeit Medizin an der Universitä­t in...

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