Bischöfin gibt Rat, wie man mutig wird
Empathie, Zuhören, Fürsorge: Susanne Breit-Keßler aus München predigt zum Friedensfest über die „Herzenssache“
„Mut ist Herzenssache.“Davon ist Suanne Breit-Keßler, die Münchner Regionalbischöfin und ständige Vertreterin des evangelischen Landesbischofs, überzeugt. Mut sei keine bloße Spontaneität, kein plötzlicher Ausbruch, „sondern bewusste Lebensführung“, beteuerte sie in ihrer Predigt zum Augsburger Friedensfest in der voll besetzten Ulrichsbasilika – unter ihren Zuhörern die Spitzen der Stadt und der Kirchen. Anhaltender Applaus am Ende ließ erahnen, dass sie mit ihren Worten den Nerv ihrer vielen Hundert Zuhörer getroffen hatte.
Das Rahmenthema des Friedensfestprogramms 2016 prägte auch die ökumenische Feier. Woher soll wieder Mut kommen inmitten grassierender Angst vor Terror und Gewalt? Liegt die Lösung in Abgrenzung und Stärke? Danach fragten zu Beginn des Gottesdienstes die beiden Ulrichspfarrer Christoph Hänsler (katholisch) und Frank Kreiselmeier (evangelisch). „Gott, mache uns Mut, dass wir aufeinander zugehen“, beteten sie.
Die Münchner Regionalbischöfin meinte, am meisten blockiere enormer Anpassungs- und Uniformitätsdruck in unserer Gesellschaft das Muthaben. Viele könnten nicht damit umgehen, dass eine Situation aus den Fugen gerät. Außerdem mangle es an Einfühlungsvermögen, wofür Breit-Keßler regelmäßigen Konsum von Gewalt verantwortlich machte. Solche Menschen verlieren das Gefühl dafür, dass Brutalität wirklich weh tut. „Der Mangel an Empathie führt dazu, dass einer sich nicht mehr für den anderen einsetzt oder gar den perversen Drang in sich verspürt, sich durch eine Gewaltorgie zu beweisen“, sagte die Bischöfin.
Ebenso notwendig sei es, Gleichgültigkeit zu überwinden, indem in Familien, im Berufsleben, in Gesellschaft, Staat und Kirche die Menschen bei allen Entscheidungen beteiligt und mitgenommen werden. Breit-Keßler betonte: „Es ist notwendig, sie wirklich anzuhören und ernst zu nehmen.“So ergebe sich eine „achtsame Individualität“, in der man selber merkt, wie wertvoll jeder Mitmensch ist, für den es sich lohnt, mutig einzustehen. „Wer so empfindsam ist, dass er weiß, wann die eigene Würde und die anderer angegriffen wird, der wird gar nicht anders wollen, als sich dagegen zu wehren“, unterstrich Breit-Keßler.
Mut liegt nach ihren Worten auf einer Linie mit Nächstenliebe, „ist Verantwortung, die im Alltäglichen wahrgenommen wird, tätige Vorsorge und Fürsorge für Mitmenschen, das Einstehen füreinander, vorbehaltlos“. Eine Tugend wie Mut bilde sich durch Einüben in das Gute. Mit der Journalistin Franca Magnani meinte die Bischöfin: „Je mehr Bürger mit Mut ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen.“