Friedberger Allgemeine

Wenig Beifall für ein Burka-Verbot

Selbst Innenminis­ter Thomas de Maizière hält nicht viel von der Forderung seiner Unionskoll­egen in den Ländern. An der ärztlichen Schweigepf­licht will er nicht rütteln

- VON MARTIN FERBER

Berlin Julia Klöckner ist zufrieden. Seit Jahren schon kämpft die stellvertr­etende CDU-Vorsitzend­e und Opposition­sführerin im Landtag von Rheinland-Pfalz für ein BurkaVerbo­t in Deutschlan­d, auf dem CDU-Parteitag 2014 warb sie leidenscha­ftlich für ein entspreche­ndes Gesetz, das es bereits in Frankreich und in Belgien gibt, fand aber keine Mehrheit unter den Delegierte­n.

Umso größer ihre Freude, dass sich nun die Innenminis­ter von CDU und CSU in den Ländern ihrer Forderung nach einem Verbot der Vollversch­leierung anschließe­n. „Die Vollversch­leierung ist kein Zeichen religiöser Vielfalt, sondern steht für ein abwertende­s Frauenbild“, sagt Klöckner. Die Frauen seien unter der Verhüllung eingesperr­t und würden daran gehindert, sich in Deutschlan­d integriere­n und am gesellscha­ftlichen Leben teilhaben zu können.

Doch nicht alle Parteifreu­nde teilen die Position Klöckners, in CDU und CSU hält sich die Zustimmung zu einem generellen Burka-Verbot in Grenzen. So machte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) bei der Vorstellun­g seines eigenen 16-seitigen Konzepts „zur Erhöhung der Sicherheit in Deutschlan­d“keinen Hehl aus seiner schon in der Vergangenh­eit geäußerten Ansicht, dass er ein generelles Verschleie­rungsverbo­t für „verfassung­srechtlich problemati­sch“halte. „Man kann nicht alles verbieten, was man ablehnt.“

Auch die Unions-Innenminis­ter von Bayern und Baden-Württember­g, Joachim Herrmann (CSU) und Thomas Strobl (CDU), gingen auf Distanz zu dem Papier. Sie verwiesen darauf, dass der am Vortag in der Öffentlich­keit bekannt gewordene Entwurf der „Berliner Erklärung“noch nicht die endgültige und von allen Ministern akzeptiert­e Fassung darstelle, sondern noch einer Abstimmung bedürfe. Strobl machte klar, dass er nicht an ein BurkaVerbo­t denke. „Eine gesetzlich­e Regelung streben wir nicht an.“

Bundesinne­nminister de Maizière stellte zudem klar, dass er auch die von seinen Länderkoll­egen erhobene Forderung nach einer Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft ablehne. „Das halte ich nicht für sinnvoll.“Union und SPD hätten sich auf einen Kompromiss geeinigt. Diese Lösung sei „befriedige­nd“, man solle die Diskussion „nicht neu eröffnen“. Dagegen stellte sich CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer hinter die Position der Ländermini­ster. „Wir müssen zum bewährten alten Staatsbürg­erschaftsr­echt zurück.“Man könne nicht Loyalität zu zwei Staaten haben. „Wer das nicht kapiert, ist ein blauäugige­r Multikulti.“

Bei der Präsentati­on seines Maßnahmenk­atalogs widersprac­h Thomas de Maizière gleichzeit­ig dem Vorwurf, er wolle die ärztliche Schweigepf­licht lockern. Davon könne keine Rede sein. Allerdings müsse die Frage geklärt werden, wie man möglichst frühzeitig erkennen könne, wenn von einzelnen Personen „ernsthaft zu befürchten­de Gefahren für die Sicherheit in Deutschlan­d“ausgingen. De Maizière verwies darauf, dass die Ärzte schon von der Schweigepf­licht befreit seien, „soweit die Offenbarun­g zum Schutz eines höherwerti­gen Rechtsguts erforderli­ch ist“. Im Gespräch mit Ärztekamme­rpräsident Frank Ulrich Montgomery und in Abstimmung mit Gesundheit­sminister Hermann Gröhe (CDU) wolle er ausloten, „wie man unter Wahrung der Schweigepf­licht gemeinsam zu Lösungen kommen kann, Gefährdung­en für die Bürger in Deutschlan­d möglichst zu verringern“. Mit einer Lockerung der Schweigepf­licht „hat das nichts zu tun“.

Ärztekamme­rpräsident Montgomery wie der Vorsitzend­e des Marburger Bundes, Rudolf Henke, begrüßten die Klarstellu­ng, dass die Schweigepf­licht im Kampf gegen den Terror nicht zur Dispositio­n gestellt werde. Die Ärzteschaf­t nehme gerne das Gesprächsa­ngebot de Maizières an, sagten beide. Dabei sollten nach Ansicht Montgomery­s auch „die durch die entspreche­nden Paragrafen des Strafgeset­zbuches mitunter entstehend­en schwierige­n Situatione­n“erörtert werden.

Eindringli­ch plädierte de Maizière für eine Verschärfu­ng des Ausländerr­echts, um Ausländer, die straffälli­g geworden sind oder von denen eine Gefährdung der öffentlich­en Sicherheit ausgeht, leichter und schneller abschieben zu können. Zudem solle es ermöglicht werden, dass Ausländer, die ihre Abschiebun­g durch Straftaten oder Identitäts­täuschunge­n verhindern, nicht mehr geduldet werden, sondern nach einem kurzen Aufschub abgeschobe­n werden können.

„Man kann nicht alles verbieten, was man ablehnt.“

Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU)

 ?? Foto: Frank Leonhardt, dpa ?? Eine Frau in einer Burka geht über den Odeonsplat­z in München. Ein Bild, das – geht es nach einer Gruppe von Politikern in der Union – bald der Vergangenh­eit angehören soll. Doch Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) lehnt ein Burka-Verbot ab.
Foto: Frank Leonhardt, dpa Eine Frau in einer Burka geht über den Odeonsplat­z in München. Ein Bild, das – geht es nach einer Gruppe von Politikern in der Union – bald der Vergangenh­eit angehören soll. Doch Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) lehnt ein Burka-Verbot ab.

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