Eine Raiffeisenbank erhebt Strafzins
Das Institut am Tegernsee verlangt als erstes in Bayern eine Gebühr auf hohe Einlagen
Augsburg Mit diesem bundesweiten Echo hatte Josef Paul nicht gerechnet. Der 59-Jährige ist Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee. Sein Institut gehört unter den Bankhäusern in Deutschland – wie viele andere Volksbanken auch – zu den kleineren Instituten. Trotzdem erregt die Bank jetzt großes Aufsehen, da sie bald einen Strafzins auf Guthaben bestimmter Privatkunden erhebt. Das Institut selbst spricht von einem „Verwahrentgelt“.
Bei Josef Paul stand gestern Vormittag das Telefon kaum still. Vielleicht liegt der Medienansturm daran, dass Fachleute seit geraumer Zeit warnen, dass die NegativzinsPolitik der Europäischen Zentralbank auch die Sparer erreichen könnte. Die Banken selbst zahlen bereits Strafzinsen von 0,4 Prozent, wenn sie ihr Geld bei der Zentralbank parken. Bisher hat nur die Skat-Bank in Thüringen die Gebühr an reiche Kunden weitergegeben – im Jahr 2014. Nun also die Raiffeisenbank Gmund.
Tatsache ist, dass das Institut ab September beginne, eine Gebühr von 0,4 Prozent auf private Einlagen auf dem Giro- oder dem Tagesgeldkonto zu erheben – und zwar nur dann, wenn diese die Summe von 100000 Euro pro Kunde überschreiten, sagt Bankvorstand Paul unserer Zeitung. Bereits Ende Juni habe man die Kunden informiert. Paul steht zu der Entscheidung: „Im Endeffekt sind weniger als 140 Kunden betroffen“, betont der Bankchef. Sein Haus verwalte bilanzwirksame Kundeneinlagen von rund 115 Millionen Euro. Davon hätten allein die betroffenen Kunden rund 40 Millionen Euro auf Giro- und Tagesgeldkonten – Geld, das jederzeit abgehoben werden kann und das der Bank Kosten verursacht. Denn seit 1. August erhebt auch die DZ-Bank, das Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken, einen negativen Zins, wenn die angeschlossenen Institute Geld bei ihr parken.
Diese „Parkgebühr“gebe man nun weiter, sagt RaiffeisenbankVorstand Paul. „Ich habe schließlich eine Verantwortung für die Bank.“Es ist eine einfache Rechnung: Pro Million Euro, die nicht mehr auf den Giro- und Tagesgeldkonten geparkt wird, spare sein Institut in Zukunft 4000 Euro pro Jahr.
Wie aber reagieren die Kunden? Ein Teil habe sein Geld umgeschichtet, beispielsweise zur Sparkasse, gibt Paul zu. Mit dem anderen Teil der Kunden versuche man Lösungen zu finden, wie sie ihr Geld gewinnbringend investieren können – sei es über Sparpläne oder Bausparer. Viele der Betroffenen seien selbst als Genossen an der Bank beteiligt und hätten Verständnis.
Gefährlich wird es also nur für Kunden in Gmund mit über 100 000 Euro auf besagten Konten, die nichts tun: Sie bekommen Ende September eine Abrechnung. Wer weniger auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto hat, ist nicht betroffen.